Einführungsgesetz
zum Bundesgesetz über die Berufsbildung
(EG zum Berufsbildungsgesetz)

(vom 21.Juni 1987) FN1

I. Geltungsbereich

Geltungsbereich
§ 1. Das Gesetz regelt den Vollzug des Bundesgesetzes über die Berufsbildung vom 19. April 1978 (BBG) FN2.

Der Regierungsrat kann in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden den Geltungsbereich der gesetzlichen Bestimmungen auf Berufe ausdehnen, die dem Bundesgesetz nicht unterstellt sind. Er kann für solche Berufe Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften erlassen. Im Bereich der von diesen Vorschriften erfassten Berufe werden die gemäss der Interkantonalen Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen anerkannten ausserkantonalen Ausbildungsabschlüsse den kantonal anerkannten gleichgestellt. FN5

Für den Vollzug der hauswirtschaftlichen Berufsbildung bleiben von diesem Gesetz abweichende Regelungen vorbehalten.

II. Organisation

Zuständige Direktionen
§ 2. Zum Vollzug ist die Direktion der Volkswirtschaft zuständig, soweit Gesetz und Verordnung nichts anderes bestimmen.

Zum Vollzug der Bestimmungen über die Handelsmittelschulen, die Höheren Technischen Lehranstalten (Ingenieurschulen) und die Berufsberatung ist die für das Bildungswesen zuständige Direktion FN6 zuständig.

Berufsbildungsrat
a) Zusammensetzung
§ 3. Der Direktion der Volkswirtschaft ist ein Berufsbildungsrat beigegeben. Er besteht aus dem Vorsteher der Direktion der Volkswirtschaft als Vorsitzendem und acht weiteren Mitgliedern.

Der Regierungsrat wählt auf eine Amtsdauer von vier Jahren je drei Vertreter der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände sowie je einen Vertreter der Schulleiterkonferenz und der Lehrerkonferenz auf deren Vorschlag hin.

An den Sitzungen des Berufsbildungsrates können weitere Vertreter der Direktion der Volkswirtschaft und der für das Bildungswesen zuständige Direktion FN6 mit beratender Stimme teilnehmen. Die Direktion der Volkswirtschaft führt das Sekretariat.

b) Aufgaben
1. Beratung
§ 4. Der Berufsbildungsrat berät die Direktion der Volkswirtschaft in grundsätzlichen Fragen der Berufsbildung.

2. Antragstellung an die Direktion der Volkswirtschaft zuhanden des Regierungsrates
§ 5. Der Berufsbildungsrat stellt der Direktion der Volkswirtschaft zuhanden des Regierungsrates Antrag für folgende Geschäfte:


a) Erlass von Verordnungen über das Berufsbildungswesen;

b) Anordnung von Schulversuchen;

c) Errichtung oder Bewilligung von Berufsmittelschulen;

d) Errichtung von staatlichen Lehrwerkstätten gemäss § 14;

e) Errichtung von staatlichen Schulen für die berufliche Weiterbildung;

f) Aufhebung von Schulen mit ungenügendem Schülerbestand.

3. Erledigung in eigener Zuständigkeit
§ 6. Dem Berufsbildungsrat steht anstelle der Direktion der Volkswirtschaft die Erledigung in folgenden Geschäften zu:

a) Erlass von Ausbildungsreglementen sowie von Lehrplänen für den Berufsschulunterricht der Anlehrlinge und die Wahlfächer der Berufsmittelschule;

b) Festlegung von Gegenstand und Ziel von Schulversuchen und Regelung ihrer Durchführung;

c) Festsetzung der Einzugsgebiete der Berufsschulen;

d) Anordnung von Zwischenprüfungen für alle Lehrlinge eines Berufes und Übertragung der Durchführung an einen Berufsverband;

e) Wahl der Prüfungskommissionen und der Kommission für Lehrerbildungskurse;

f) Entscheid von Rekursen in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen.

Konferenzen
§ 7. Die Schulleiterkonferenz und die Lehrerkonferenz der Berufsschulen dienen dem Informationsaustausch und der Koordination im Berufsschulwesen.

Der Regierungsrat regelt deren Zusammensetzung, Organisation und Aufgaben.

Anhörung
§ 8. Die Berufsverbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Fachverbände der Berufsbildung und der Berufsberatung, die Berufsschulen sowie die Schulleiterkonferenz und die Lehrerkonferenz der Berufsschulen sind vor allen wichtigen Massnahmen anzuhören, soweit sie davon betroffen sind.

III. Berufsberatung

Organisation
§ 9. Die für das Bildungswesen zuständige Direktion FN6 führt die kantonale Zentralstelle für Berufsberatung und regelt die Organisation der Allgemeinen Berufsberatung.

Für Mittelschüler und Studenten führt sie eine Informations- und Beratungsstelle.

Kantonale Zentralstelle
§ 10. Die kantonale Zentralstelle für Berufsberatung sorgt in Zusammenarbeit mit den öffentlichen Berufsberatungsstellen für die fachgerechte Durchführung und Weiterentwicklung der Allgemeinen Berufsberatung für Jugendliche und Erwachsene.

IV. Berufliche Grundausbildung

1. Berufslehre

a) Allgemeine Vorschriften

Aufsicht
§ 11. Die Direktion der Volkswirtschaft übt die Aufsicht aus über die Lehrverhältnisse, die Berufsschulen, die Lehrwerkstätten, die interkantonalen Fachkurse sowie über die privaten Fachschulen, soweit deren Schüler zur Lehrabschlussprüfung zugelassen werden.

Lehrmeisterkurse
§ 12. Die Direktion der Volkswirtschaft führt in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden Ausbildungskurse und Weiterbildungskurse für Lehrmeister durch.

Der Vollzug kann einem Berufsverband übertragen werden, wenn er Gewähr für eine einwandfreie Durchführung bietet und einen angemessenen Teil der Kosten trägt.

Einführungskurse
§ 13. Die Direktion der Volkswirtschaft wirkt mit bei der Aufsicht über die Einführungskurse.

Besteht in einem Beruf kein Berufsverband, kann die Direktion der Volkswirtschaft in Zusammenarbeit mit den interessierten Organisationen und den betroffenen Lehrbetrieben für die Durchführung von Einführungskursen sorgen.

Lehrwerkstätten für Behinderte
§ 14. Der Staat kann Lehrwerkstätten für die berufliche Grundausbildung von Behinderten errichten.

b) Lehrverhältnis

Ausbildungsbewilligung
§ 15. Ein Lehrmeister, der in einem Beruf erstmals Lehrlinge ausbilden will, bedarf vor Abschluss des Lehrvertrages einer Ausbildungsbewilligung der Direktion der Volkswirtschaft. Diese wird unter Vorbehalt der Genehmigung der einzelnen Lehrverträge erteilt, wenn die bundesrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Lehrvertrag
§ 16. Lehrverträge werden auf einem von der Direktion der Volkswirtschaft genehmigten Formular eingereicht.

Verzeichnis der Lehrbetriebe
§ 17. Die Direktion der Volkswirtschaft führt ein Verzeichnis der Lehrbetriebe. Sie kann es Dritten im Zusammenhang mit der Berufsausbildung zur Verfügung stellen.

c) Beruflicher Unterricht

Anerkennung
§ 18. Nichtstaatliche Berufsschulen und Lehrwerkstätten bedürfen der Anerkennung durch die Direktion der Volkswirtschaft.

Schulordnung
§ 19. Für jede Berufsschule und Lehrwerkstätte wird eine Schulordnung erlassen, die Bestimmungen über den Schulbetrieb sowie über die Aufgaben und Befugnisse der Schulorgane enthält. Sie bedarf der Genehmigung der Direktion der Volkswirtschaft und gegebenenfalls des privaten Schulträgers.

Aufsichtskommission
§ 20. Der Schulträger bestellt für jede Berufsschule und Lehrwerkstätte eine Aufsichtskommission, in der die Schulortsgemeinde sowie weitere Gemeinden des Einzugsgebiets der Schule, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Schulleitung, die Lehrer und die Direktion der Volkswirtschaft vertreten sind.

Der Aufsichtskommission obliegen insbesondere:

a) Überwachung des gesamten Schulbetriebs;

b) Antragstellung an die Direktion der Volkswirtschaft auf Genehmigung des Voranschlags und auf Abnahme der Rechnung;

c) Genehmigung des Stundenplans und Gewährung von Stundenentlastungen für Schulleiter und Lehrer unter Vorbehalt der Genehmigung der Direktion der Volkswirtschaft;

d) Erlass der Schulordnung.

Die Aufsichtskommission kann zur Bewältigung ihrer Aufgaben Subkommissionen bilden.

Die Aufsichtskommission einer staatlichen Berufsschule stellt der Direktion der Volkswirtschaft zuhanden des Regierungsrates Antrag auf Wahl der Schulleiter und der Lehrer.

Die Aufsichtskommission einer nichtstaatlichen Berufsschule wählt die Lehrer unter Vorbehalt der Genehmigung der Besoldungseinreihung durch die Direktion der Volkswirtschaft und den Schulleiter unter Vorbehalt der Genehmigung des Regierungsrates.

Beschlüsse, welche eine Erhöhung der Eigenleistung einer nichtstaatlichen Schule bewirken, bedürfen der Zustimmung der Vertreter des Schulträgers.

Schulkreise
§ 21. Die Einzugsgebiete der Berufsschulen werden nach Berufen unter Berücksichtigung regionaler Bedürfnisse festgesetzt. Den von Betrieben getragenen Berufsschulen können Lehrlinge anderer Betriebe zugewiesen werden.

Für den Besuch des Pflichtunterrichts ist der Lehrort massgebend.

Bei ungenügendem Schülerbestand können Berufsschulen und Berufsklassen aufgehoben werden.

Die Direktion der Volkswirtschaft kann den Besuch einer andern als der zuständigen Berufsschule bewilligen, wenn besondere Verhältnisse es rechtfertigen.

Organisation des Unterrichts
§ 22. Der Regierungsrat erlässt Bestimmungen über die Organisation des beruflichen Unterrichts und die Aufnahme von Schülern.

Das Schuljahr umfasst in der Regel 40 Unterrichtswochen.

Für den Besuch der Berufsmittelschule, der Freifächer und der Stützkurse darf vom Lehrling und an staatlichen Berufsschulen auch vom Lehrbetrieb kein Schulgeld erhoben werden.

Schulärztlicher Dienst
§ 23. Der Regierungsrat regelt die Organisation des schulärztlichen Dienstes für Lehrlinge.

Er kann eine ärztliche Untersuchung während des ersten Lehrjahres obligatorisch erklären.

Schulversuche
§ 24. Der Staat kann zum Zweck der Verbesserung des Berufsbildungswesens zeitlich befristete Schulversuche anordnen.

Lehrerbildung
§ 25. Der Staat fördert die Aus- und Fortbildung der Berufsschullehrer.

Die Direktion der Volkswirtschaft kann Richtlinien über die Anforderungen an die Lehrer für den beruflichen Unterricht erlassen und den Besuch von Fortbildungskursen obligatorisch erklären.

d) Lehrabschluss- und Zwischenprüfungen

Durchführung
§ 26. Der Regierungsrat erlässt Bestimmungen über die Durchführung der Lehrabschluss- und Zwischenprüfungen, die Bestellung und die Aufgaben der Prüfungskommissionen und der Prüfungsexperten sowie über die Finanzierung der Prüfungen.

Prüfungskommissionen
§ 27. Der Berufsbildungsrat wählt auf Vorschlag der Berufsverbände und der Berufsschulen Kommissionen für die Durchführung und Überwachung der Prüfungen.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen in den Prüfungskommissionen gleichmässig vertreten sein.

Aufsicht
§ 28. Die Direktion der Volkswirtschaft ist für die ordnungsgemässe Durchführung von Lehrabschluss- und Zwischenprüfungen verantwortlich. Sie übt die unmittelbare Aufsicht über die Prüfungsorgane aus und erlässt die erforderlichen Weisungen.

2. Anlehre

Genehmigung des Anlehrverhältnisses und Aufsicht
§ 29. Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Berufslehre gelten sinngemäss auch für die Anlehre.

Der Regierungsrat regelt die Abschlusskontrolle der Anlehren und kann die Mitwirkung von Prüfungsorganen vorsehen.

Das Ausbildungsprogramm des Betriebs bedarf der Genehmigung der Direktion der Volkswirtschaft.

Kurse für Angelernte
§ 30. Der Staat fördert Kurse gemäss Art. 49 Abs. 5 BBG FN2 durch Beiträge und andere Massnahmen.

V. Berufliche Weiterbildung

Grundsatz
§ 31. Der Staat fördert die berufliche Weiterbildung durch Beiträge und andere Massnahmen.

Trägerschaft
§ 32. Der Staat kann Schulen oder Kurse für die berufliche Weiterbildung führen oder durch Berufsverbände, Gemeinden, gemeinnützige Organisationen und andere Institutionen führen lassen.

VI. Ausbildungsbeiträge

Stipendien und Darlehen
§ 33. An Schweizer Bürger, niedergelassene Ausländer und in der Schweiz anerkannte Flüchtlinge mit Wohnsitz im Kanton sowie ausnahmsweise an Kantonsbürger mit Wohnsitz ausserhalb des Kantons können Beiträge an die Kosten der beruflichen Vor-, Aus- und Weiterbildung sowie an die Lebenskosten ausgerichtet werden, sofern sie und ihre nächsten Angehörigen die erforderlichen Mittel nicht aufzubringen vermögen.

Beiträge können auch gewährt werden an die Kosten einer systematischen Aus- und Weiterbildung in Berufen, die dem Berufsbildungsgesetz nicht unterstehen.

Über die Gewährung von Ausbildungsbeiträgen entscheidet eine vom Regierungsrat gewählte Kommission.

Der Regierungsrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. Er kann insbesondere den Begriff des Wohnsitzes umschreiben und Karenzfristen einführen.

VII. Verwaltungsrechtspflege

Verfahren gegen Entscheide der Schulen und Prüfungskommissionen
§ 34. Gegen Entscheide der Schulen über Zeugnisnoten und im Disziplinar- und Absenzenwesen sowie gegen Entscheide der Prüfungskommissionen kann Einsprache erhoben werden.

Rekurse gegen Einspracheentscheide beurteilen erstinstanzlich das Amt für Berufsbildung und endgültig der Berufsbildungsrat.

Zur Behandlung von Aufsichtsbeschwerden gegen Schulen und Prüfungskommissionen ist das Amt für Berufsbildung zuständig.

Einspracheverfahren
§ 35. Der Regierungsrat regelt das Einspracheverfahren. Er kann die Einsprache auch für erstinstanzliche Entscheide des Amtes für Berufsbildung vorsehen.

VIII. Schlussbestimmungen

Beitragsvereinbarungen mit andern Kantonen
§ 36. Der Regierungsrat kann Bestimmungen erlassen über den Abschluss von Vereinbarungen mit andern Kantonen betreffend den Besuch von Ausbildungsstätten und die Leistung von Beiträgen an die Betriebskosten. Er kann die Direktion der Volkswirtschaft ermächtigen, solche Vereinbarungen abzuschliessen.

Strafverfolgung
§ 37. Zur Untersuchung und Beurteilung von Widerhandlungen gemäss Art. 70-72 BBG FN2 sind die Statthalterämter zuständig.

Änderung bisherigen Rechts
§ 38. Die nachstehenden Gesetze werden wie folgt geändert:

a) das Gesetz über die Trägerschaft der Berufsschulen vom 2. Dezember 1984: . . . FN3

b) das Gesetz über die Jugendhilfe (Jugendhilfegesetz) vom 14. Juni 1981: . . . FN3

Aufhebung bisherigen Rechts
§ 39. Das Gesetz betreffend den Vollzug des Bundesgesetzes über die Berufsbildung vom 3. Dezember 1967 wird aufgehoben.

Inkrafttreten
§ 40. Dieses Gesetz untersteht der Volksabstimmung.

Der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens FN4.

________
FN1 OS 50, 181.
FN2 SR 412.10.
FN3 Text siehe OS 50, 188.
FN4 In Kraft seit 1. Januar 1988 (OS 50, 247).
FN5 Fassung gemäss Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen G vom 22. September 1996 (OS 53, 457). In Kraft seit 1. April 1997 (OS 54, 100).
FN6 Fassung gemäss G vom 15. März 1998 (OS 54, 517). In Kraft seit 1. August 1998 (OS 54, 624).