Verfassung
des eidgenössischen Standes Zürich
(vom 18.April 1869) FN1
Das Volk des Kantons Zürich
gibt sich kraft seines Selbstbestimmungsrechts folgende Verfassung.
I. Staatsbürgerliche Grundsätze
Art. 1. Die Staatsgewalt beruht auf der Gesamtheit des Volkes. Sie wird unmittelbar durch die Aktivbürger und mittelbar durch die Behörden und Beamten ausgeübt.
Art. 2. Alle Bürger sind vor dem Gesetze gleich und geniessen dieselben staatsbürgerlichen Rechte, soweit nicht durch die Verfassung selbst Ausnahmen festgestellt sind.
Art. 3. Die freie Meinungsäusserung durch Wort und Schrift, das Vereinsrecht und Versammlungsrecht sind gewährleistet. Ihre Ausübung unterliegt keinen andern Beschränkungen als denjenigen des allgemeinen Rechts.
In Anklagen wegen Ehrverletzung kann der Beweis der Wahrheit geleistet werden. Ergibt sich alsdann, dass das als ehrenrührig Eingeklagte wahr ist und mit redlichen Motiven und rechtlichen Endzwecken veröffentlicht oder verbreitet wurde, so ist der Angeklagte freizusprechen. FN2
Art. 4. Der Staat schützt wohlerworbene Privatrechte. Zwangsabtretungen sind zulässig, wenn das öffentliche Wohl sie erheischt. Für solche Abtretungen wird gerechte Entschädigung gewährt. Streitigkeiten betreffend die Grösse der Entschädigung werden von den Gerichten beurteilt.
Art. 5. Das Strafrecht ist nach humanen Grundsätzen zu gestalten. Die Anwendung der Todesstrafe und der Kettenstrafe ist unzulässig.
OS 14, 549 und GS I, 3.
FN1 Gewährleistet durch BB vom 22. Juli 1869.
FN2 Gegenstandslos, heute Art. 173-179 und 400 StGB (SR 311.0).
Art. 6. Dem wegen eines Verbrechens oder Vergehens Angeschuldigten, sowie dem Geschädigten ist Gelegenheit zu geben, allen Verhandlungen, welche vor dem Untersuchungsrichter stattfinden, beizuwohnen, einen Rechtsbeistand zuzuziehen und an die Zeugen Fragen zu richten, welche zur Aufklärung der Sache dienen können.
Art. 7. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet.
Niemand darf verhaftet werden ausser in den vom Gesetz bezeichneten Fällen und unter den durch das Gesetz vorgeschriebenen Formen.
Ungesetzlich Verhafteten ist vom Staat angemessene Entschädigung oder Genugtuung zu leisten.
Zur Erzielung eines Geständnisses dürfen keinerlei Zwangsmittel angewendet werden.
Verhaft als Mittel zur Eintreibung von Schuldforderungen ist unstatthaft.
Art. 8. Das Hausrecht ist unverletzlich.
Zu Hausdurchsuchungen bedarf es entweder der Einwilligung des Wohnungsinhabers oder der Ermächtigung durch einen zuständigen Beamten, welche den Zweck und die Ausdehnung dieser Massregel genau bezeichnen soll. Ausnahmen von dieser Regel sind gestattet, wenn Gefahr im Verzuge ist.
Art. 9. In Fällen gerichtlicher Restitution ist den unschuldig Verurteilten vom Staate angemessene Genugtuung zu gewähren.
Art. 10. FN1 Der Staat, die Gemeinden und die Organisation des kantonalen öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit haften für die Tätigkeit ihrer Behörden und der in ihrem Dienste stehenden Personen nach den gesetzlichen Bestimmungen.
Die Behördemitglieder und diese Personen sind nach den gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich.
Art. 11. Die Amtsdauer des Kantonsrates und der Verwaltungsbehörden und -beamten beträgt vier Jahre, diejenige der Gerichtsbehörden und Notare sechs Jahre. FN2
Für alle Behörden ist die Gesamterneuerung festgesetzt.
FN1 Fassung gemäss G vom 14. September 1969 (OS 43, 333). Gewährleistet durch BB vom 11. Dezember 1969.
FN2 Fassung gemäss G vom 20. November 1932 (OS 34, 700). Gewährleistet durch BB vom 23. Dezember 1932.
In allen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden dürfen nicht gleichzeitig sitzen Vater und Sohn, Schwiegervater und Tochtermann, zwei Brüder, zwei Schwäger oder Gegenschwäher.
Art. 12. Ein Beamter, welcher seiner Stelle innerhalb der Amtsdauer und ohne persönliche Verschuldung enthoben wird, hat Anspruch auf volle, und wo diese Enthebung infolge einer Verfassungsoder Gesetzesänderung stattfindet, auf billige Entschädigung.
Art. 13. FN1 Alle dem Volke zustehenden Wahlen von Behörden und Beamten des Kantons, der Bezirke und Kreise werden in der Regel durch die Wahlurne vorgenommen. Den Gemeinden bleibt es freigestellt, diese Wahlart ebenfalls anzuwenden, soweit sie nicht schon durch das Gesetz dazu verpflichtet sind.
Die Gesetzgebung kann für einzelne Wahlen ein Verfahren ohne Urnengang zulassen für den Fall, dass die Zahl der Vorgeschlagenen die Zahl der in das betreffende Amt zu Wählenden nicht übersteigt.
Art. 14. FN2 Die Kantons- und Schweizerbürger können unter Erfüllung der gesetzlichen Bestimmungen in jeder Gemeinde des Kantons sich niederlassen und das Bürgerrecht erwerben.
Das Recht zur Verweigerung oder zum Entzug der Niederlassung richtet sich nach der Bundesgesetzgebung.
Die Niedergelassenen dürfen weder andern noch höhern Steuern unterworfen werden als die Bürger; vorbehalten bleibt eine mässige Kanzleitaxe für die Ausfertigung der Niederlassungsbewilligung.
Art. 15. FN3 Die Ehe erhält staatliche Gültigkeit, sowohl wenn sie nach bürgerlicher als wenn sie nach kirchlicher Form abgeschlossen ist.
Die diesfälligen Verrichtungen der Zivilbeamten sowie der Geistlichen des Heimat- und des Wohnortes der Brautleute sind unentgeltlich.
Art. 16. FN4 Stimmberechtigt und in öffentliche Ämter wählbar sind Schweizerinnen und Schweizer, die das achtzehnte Altersjahr zurückgelegt haben.
FN1 Fassung gemäss G vom 4. Dezember 1955 (OS 40, 55). Gewährleistet durch BB vom 21. März 1956.
FN2 Fassung gemäss G vom 6. Juni 1926 (OS 33, 336). Gewährleistet durch BB vom 9. Oktober 1926.
FN3 Gegenstandslos, heute ZGB (SR 210).
FN4 Fassung gemäss G vom 23. September 1990 (OS 51, 262). Gewährleistet durch BB vom 3. Oktober 1991. In Kraft seit 1. Januar 1991 (OS 51, 263).
Art. 17. FN1 Schweizerbürgern, die im Kanton gemäss den Bestimmungen des Bundes politischen Wohnsitz FN2 haben, stehen die gleichen politischen Rechte zu wie den Kantonsbürgern.
Art. 18. FN1 Wer vom Stimmrecht in eidgenössischen Angelegenheiten ausgeschlossen ist, besitzt keine politischen Rechte FN3 im Kanton und in den Gemeinden.
II. Volks- und staatswirtschaftliche Grundsätze
Art. 19. FN4 Alle Steuerpflichtigen haben im Verhältnis der ihnen zu Gebote stehenden Mittel an die Staats- und Gemeindelasten beizutragen.
Auf den Konsum unentbehrlicher Lebensmittel dürfen keine Steuern gelegt werden.
Steuerprivilegien zugunsten Einzelner sind unzulässig.
Die Gesetzgebung bestimmt die Arten der für den Kanton und für die Gemeinden zu beziehenden Steuern, sowie die Anwendbarkeit des Grundsatzes einer gerechten progressiven Belastung der Steuerpflichtigen nach der Grösse ihrer Mittel und des Grundsatzes der Steuerbefreiung kleiner Einkommen und Vermögen.
Die Gesetzgebung ordnet den Finanzausgleich und sorgt dafür, dass die Gemeindesteuerfüsse nicht erheblich voneinander abweichen. FN5
Art. 20. Die Kantonal- und Bezirksbeamten, sowie die Notare erhalt-
FN1 Fassung gemäss G vom 28. Mai 1978 (OS 46, 872). Gewährleistet durch BB vom 14. Dezember 1978.
FN2 Art. 3 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vom 17. Dezember 1976 (SR 161.1) lautet: «Die Stimmabgabe erfolgt am politischen Wohnsitz, nämlich in der Gemeinde, wo der Stimmberechtigte wohnt und angemeldet ist.
Wer statt des Heimatscheins einen anderen Ausweis (Heimatausweis, Interimsschein usw.) hinterlegt, erwirbt nur politischen Wohnsitz, wenn er nachweist, dass er am Ort, wo der Heimatschein liegt, nicht im Stimmregister eingetragen ist».
FN3 Art. 2 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vom 17. Dezember 1976 (SR 161.1) lautet: «Vom Stimmrecht in eidgenössischen Angelegenheiten ist ausgeschlossen, wer wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche (Art. 369 ZGB) entmündigt wurde».
FN4 Fassung gemäss G vom 25. November 1917 (OS 31, 5). Gewährleistet durch BB vom 27. März 1918.
FN5 Eingefügt durch G vom 2. September 1979 (OS 47, 148). Gewährleistet durch BB vom 19. Juni 1980. In Kraft seit 1. Januar 1980 (OS 47, 157).
ten, soweit immer möglich, fixe Besoldungen nach Massgabe ihrer Geschäftslast. Die Gebühren und Sporteln fallen in der Regel in die Staatskasse.
Art. 21. Die Ausübung jeder Berufsart in Kunst und Wissenschaft, Handel und Gewerbe ist frei. Vorbehalten sind die gesetzlichen und polizeilichen Vorschriften, welche das öffentliche Wohl erfordert.
Art. 22. Die Besorgung des Armenwesens ist Sache der Gemeinden. Der Staat leistet angemessene Beiträge zur Erleichterung der Armenlasten derjenigen Gemeinden, welche derselben bedürftig sind. Er unterstützt die Anstrengungen von Gemeinden und Vereinen zur Minderung der Armut, insbesondere zur Erziehung armer Kinder, Förderung der Krankenpflege und Besserung verwahrloster Personen.
Art. 23. Der Staat fördert und erleichtert die Entwicklung des auf Selbsthilfe beruhenden Genossenschaftswesens. Er erlässt auf dem Wege der Gesetzgebung die zum Schutz der Arbeiter nötigen Bestimmungen.
Art. 24. Er errichtet zur Hebung des allgemeinen Kreditwesens beförderlich eine Kantonalbank.
Art. 25. Die Strassen sollen nach der Bedeutung ihres Verkehrs klassifiziert werden.
Die Lasten des Neubaues und der Unterhaltung fallen dem Staat und den politischen Gemeinden zu.
Die Unterstützung des Staates erstreckt sich auf alle Strassenklassen, die Nebenstrassen ausgenommen.
Art. 26. FN1 Der Staat und die Gemeinden fördern den öffentlichen Personenverkehr, insbesondere durch Errichtung eines Verkehrsverbundes.
Der Staat fördert den Güterverkehr mit der Bahn.
Art. 27. Der Staat übernimmt die erste militärische Ausrüstung der Wehrpflichtigen. Über den Ersatz des Abganges an Ausrüstungsgegenständen wird das Gesetz das Nähere bestimmen.
FN1 Fassung gemäss G vom 6. März 1988 (OS 50, 391). Gewährleistet durch BB vom 1. Mai 1988. In Kraft seit 1. Mai 1988 (OS 50, 392).
III. Gesetzgebung und Volksvertretung
Art. 28. Das Volk übt die gesetzgebende Gewalt unter Mitwirkung des Kantonsrates aus.
A. Vorschlagsrecht des Volkes
Art. 29. FN1 Das Vorschlagsrecht der Stimmberechtigten (Initiative) umfasst die Befugnis, Begehren auf Änderung der Verfassung sowie auf Erlass, Änderung oder Aufhebung eines Gesetzes oder eines verfassungsmässig obligatorisch der Volksabstimmung unterliegenden Beschlusses zu stellen.
Initiativbegehren sind in der Form der einfachen Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfes zu stellen.
Ein Initiativbegehren ist der Volksabstimmung zu unterbreiten,
1. FN2 wenn es von wenigstens 10 000 Stimmberechtigten gestellt wird;
2. wenn es von einzelnen Stimmberechtigten oder von Behörden gestellt und von mindestens 60 Mitgliedern des Kantonsrates unterstützt wird.
Der Kantonsrat kann dem Volk gleichzeitig mit dem Initiativbegehren einen Gegenvorschlag unterbreiten.
Die Gesetzgebung erlässt die näheren Bestimmungen.
B. Volksabstimmung
Art. 30. Der Volksabstimmung werden unterstellt:
1. FN3 alle Verfassungsänderungen und Gesetze sowie Konkordate über Gegenstände, welche im Kanton der Volksabstimmung unterstehen.
2. FN4 Beschlüsse des Kantonsrates über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als Fr. 20 000 000 oder über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als Fr. 2 000 000;
FN1 Fassung gemäss G vom 1. Juni 1969 (OS 43, 289). Gewährleistet durch BB vom 11. Dezember 1969.
FN2 Fassung gemäss G vom 28. Mai 1978 (OS 46, 881). Gewährleistet durch BB vom 14. Dezember 1978. In Kraft seit 8. Januar 1979.
FN3 Fassung gemäss G vom 4. Dezember 1955 (OS 40, 55). Gewährleistet durch BB vom 21. März 1956.
FN4 Fassung gemäss G vom 6. Juni 1971 (OS 44, 221). Gewährleistet durch BB vom 16. Dezember 1971.
Beschlüsse des Kantonsrates über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als Fr. 2 000 000 bis zu Fr. 20 000 000 oder über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als Fr. 200 000 bis Fr. 2 000 000, sofern 60 Mitglieder des Kantonsrates oder 5000 Stimmberechtigte innert 45 Tagen seit der amtlichen Veröffentlichung des Beschlusses schriftlich das Begehren um Durchführung der Volksabstimmung stellen.
3. Schlussnahmen, welche der Kantonsrat von sich aus zur Abstimmung bringen will.
4. FN1 die Stellungnahmen des Kantons im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens des Bundes über die Wünschbarkeit der Errichtung von Atomanlagen auf dem Gebiete des Kantons Zürich und seiner Nachbarkantone.
Der Kantonsrat ist berechtigt, bei der Vorlage eines Gesetzes oder Beschlusses neben der Abstimmung über das Ganze ausnahmsweise auch eine solche über einzelne Punkte anzuordnen.
Die Abstimmung findet mittelst der Stimmurne in den Gemeinden statt. Die Beteiligung hieran ist eine allgemeine Bürgerpflicht.
Die Volksabstimmung kann nur bejahend oder verneinend sein.
Bei derselben entscheidet die absolute Mehrheit der bejahenden und verneinenden Stimmen.
Der Kantonsrat ist nicht befugt, Gesetze oder Beschlüsse vor der Abstimmung provisorisch in Kraft zu setzen.
. . . FN2
C. Kantonsrat
Art. 31. Dem Kantonsrat kommt zu:
1. die Beratung und Beschlussfassung über alle Gegenstände, welche der Volksabstimmung unterstellt werden;
2. das Begehren um Einberufung der Bundesversammlung (Art. 75 Abs. 2 der Bundesverfassung) FN3;
3. die Verfügung über die Wehrkraft des Kantons, soweit dieselbe nicht vom Bunde beansprucht wird;
FN1 Eingefügt durch G vom 2. Dezember 1979 (OS 47, 479). Gewährleistet durch BB vom 19. Juni 1980.
FN2 Aufgehoben durch G vom 28. Mai 1978 (OS 46, 872). Gewährleistet durch BB vom 14. Dezember 1978.
FN3 Heute Art. 86 Abs. 2 BV (SR 101).
4. die Überwachung der gesamten Landesverwaltung und der Rechtspflege sowie die Entscheidung der Konflikte zwischen der Verwaltung oder dem Verwaltungsgericht einerseits und den übrigen Gerichten anderseits. FN1
Zur Durchführung einer Strafuntersuchung und Erhebung einer Anklage gegen Mitglieder des Regierungsrates, des Obergerichtes, des Kassationsgerichtes und des Verwaltungsgerichtes kann er einen besonderen Staatsanwalt ernennen. FN1
Zur Geltendmachung von Schadenersatz- und Rückgriffsansprüchen gegen Mitglieder des Regierungsrates, des Obergerichtes, des Kassationsgerichtes, des Verwaltungsgerichtes und der obersten Organe der selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten des Kantons kann er einen besonderen Beauftragten ernennen; FN2
5. FN3 die endgültige Entscheidung über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck, welche den Betrag von Fr. 2 000 000 nicht übersteigen, sowie über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben bis auf einen Betrag von Fr. 200 000;
die Entscheidung über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als Fr. 2 000 000 bis zu Fr. 20 000 000 sowie über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als Fr. 200 000 bis zu Fr. 2 000 000, sofern nicht gemäss Art. 30 Absatz 1 Ziffer 2 das Begehren um Durchführung der Volksabstimmung gestellt wird;
6. FN4 die Festsetzung des jährlichen Voranschlages des Staatshaushaltes vorbehältlich der Bestimmungen in Ziffer 5, und die Festsetzung des Steuerfusses für die Staatssteuer;
7. die Prüfung der Staatsrechnung und der Rechnungen über die Separatgüter, die Sorge für ungeschmälerte Erhaltung des Staatsvermögens und für zweckmässige Äufnung und Verwendung seines Ertrages;
8. FN5 die Begnadigung nach Massgabe des Art. 56 dieser Verfassung;
FN1 Fassung gemäss G vom 24. Mai 1959 (OS 40, 657). Gewährleistet durch BB vom 7. Oktober 1959.
FN2 Eingefügt durch G vom 14. September 1969 (OS 43, 333). Gewährleistet durch BB vom 11. Dezember 1969.
FN3 Fassung gemäss G vom 6. Juni 1971 (OS 44, 221). Gewährleistet durch BB vom 16. Dezember 1971.
FN4 Fassung gemäss G vom 22. September 1974 (OS 45, 187). Gewährleistet durch BB vom 17. Dezember 1976.
FN5 Fassung gemäss G vom 6. Juli 1941 (OS 36, 453). Gewährleistet durch BB vom 1. Oktober 1941.
9. die Vornahme der ihm durch die Gesetzgebung zugewiesenen Wahlen;
10. die Wahl seines Bureau.
Art. 32. Der Kantonsrat besteht aus 180 Mitgliedern. Diese werden in Wahlkreisen gewählt, deren Zahl und Umfang das Gesetz bestimmt. FN1
Der Kantonsrat verteilt die Sitze auf die Wahlkreise im Verhältnis zur Wohnbevölkerung, wie sie durch das Statistische Amt zuletzt ermittelt worden ist. FN1
Der Kantonsrat wird nach dem Verhältniswahlverfahren gewählt. Das Verfahren wird durch das Gesetz bestimmt. FN2
Art. 33. Die Mitglieder des Regierungsrates können nicht Mitglieder des Kantonsrates sein; dagegen haben sie im Kantonsrat beratende Stimme, das Recht der Antragstellung und der Berichterstattung. Das Gesetz bestimmt, welche andern öffentlichen Ämter ein Mitglied des Kantonsrates nicht ausüben kann. FN3
Der Kantonsrat kann für einzelne Geschäfte Sachverständige ausser seiner Mitte mit beratender Stimme zuziehen.
Art. 34. Die Sitzungen des Kantonsrates werden in Zürich abgehalten und sind in der Regel öffentlich. Die Mitglieder desselben erhalten während der Sitzungen ein mässiges Taggeld und eine einmalige angemessene Reiseentschädigung für die Session.
D. Standesstimme und Wahl der Ständeräte
Art. 35. Das Ergebnis der Volksabstimmung im Kanton mit Bezug auf die Annahme oder Nichtannahme einer Änderung der Bundesverfassung (Art. 114 der Bundesverfassung) FN4 gilt zugleich als Standesstimme. Das in Art. 81 der Bundesverfassung FN5 den Ständen eingeräumte Vorschlagsrecht (Initiative) kann sowohl durch den Kantonsrat als auf dem Wege des Volksbeschlusses ausgeübt werden.
FN1 Fassung gemäss G vom 4. Juni 1989 (OS 50, 639). Gewährleistet durch BB vom 6. Juli 1990. In Kraft seit 1. September 1990 (OS 51, 209).
FN2 Fassung gemäss G vom 10. Dezember 1916 (OS 30, 387). Gewährleistet durch BB vom 30. März 1917.
FN3 Fassung gemäss G vom 27. September 1981 (OS 48, 269). Gewährleistet durch BB vom 27. September 1982.
FN4 Heute Art. 123 BV (SR 101).
FN5 Heute Art. 93 BV (SR 101).
Art. 36. FN1 Die beiden Mitglieder des schweizerischen Ständerates werden durch die gesamte Wählerschaft des Kantons in einem Wahlkreise gleichzeitig mit den Mitgliedern des Nationalrates gewählt.
IV. Vollziehung und Verwaltung
A. Regierungsrat
Art. 37. Die vollziehende und verwaltende Kantonalbehörde, Regierungsrat, besteht aus sieben Mitgliedern, welche in einem kantonalen Wahlkreise gleichzeitig mit dem Kantonsrate durch das Volk gewählt werden.
Art. 38. Der Regierungsrat wählt seinen Präsidenten und Vizepräsidenten je auf die Dauer eines Jahres.
Art. 39. Das Amt eines Mitgliedes des Regierungsrates ist unvereinbar mit irgendeiner andern festbesoldeten Stelle. Für die Bekleidung der Stelle eines Direktors oder Verwaltungsrates einer Aktiengesellschaft ist die Erlaubnis des Kantonsrates erforderlich.
Von den Mitgliedern des Regierungsrates dürfen nicht mehr als zwei den eidgenössischen Räten angehören.
Art. 40. Dem Regierungsrat kommen wesentlich folgende Pflichten und Befugnisse zu:
1. das Vorschlagsrecht für Gesetze und Beschlüsse vor dem Kantonsrate;
2. die rechtzeitige Veröffentlichung aller Vorlagen für die Volksabstimmung und der in Kraft getretenen gesetzgeberischen Akte, sowie die Sorge für Vollziehung der Gesetze und der Beschlüsse des Volkes und des Kantonsrates;
3. die Besorgung des Verkehrs mit dem Bunde und den Kantonen;
4. die Oberaufsicht über das Unterrichts- und Kirchenwesen und über die Besorgung des Armenwesens, sowie über die sämtlichen ihm untergeordneten Behörden und Beamtungen;
5. FN2 der Entscheid öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten in letzter Instanz, soweit er nach Gesetz nicht einer andern Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zusteht;
FN1 Fassung gemäss G vom 20. November 1932 (OS 34, 701). Gewährleistet durch BB vom 23. Dezember 1932.
FN2 Fassung gemäss G vom 24. Mai 1959 (OS 40, 657). Gewährleistet durch BB vom 7. Oktober 1959.
6. die Entwerfung des Voranschlages der Einnahmen und Ausgaben des Staatshaushaltes und der Separatgüter, die Vorlegung der bezüglichen Jahresrechnungen, sowie eines Berichtes über seine sämtlichen Verrichtungen zuhanden des Kantonsrates;
7. die Bestellung seiner Kanzlei und die Ernennung aller derjenigen Beamten und Angestellten, deren Wahl nicht durch Verfassung und Gesetz einem andern Wahlkörper übertragen ist.
Art. 41. Der Regierungsrat wählt auf die für die Verwaltungsbeamten festgesetzte Amtsdauer die Staatsanwaltschaft, welcher die Pflicht obliegt, die strafbaren Handlungen im Namen des Staates zu verfolgen.
Art. 42. Die Verrichtungen und Geschäfte des Regierungsrates werden zum Zwecke beförderlicher Erledigung nach Direktionen verteilt, denen je ein Mitglied des Regierungsrates vorsteht. Der endgültige Entscheid geht von der Gesamtbehörde aus; indes kann durch gesetzliche Bestimmungen den Direktionen innerhalb bestimmter Schranken eine entscheidende Befugnis eingeräumt werden.
Kein Mitglied des Regierungsrates ist verpflichtet, länger als zwei aufeinanderfolgende Amtsdauern der gleichen Direktion vorzustehen. FN1
Einzelnen Direktionen können je nach der Art ihres Geschäftskreises stehende, vom Regierungsrate gewählte Kommissionen beigeordnet werden. Im übrigen bestimmt das Gesetz die Organisation des Regierungsrates und seiner Direktionen, sowie der kantonalen Verwaltung überhaupt. FN2
B. Bezirksverwaltung
Art. 43. Der Kanton ist in Bezirke eingeteilt. Änderungen in der bestehenden Einteilung erfolgen auf dem Wege der Gesetzgebung.
Art. 44. Die Bezirksverwaltung wird durch einen Bezirksrat besorgt, bestehend aus dem Statthalter als Präsidenten und zwei Bezirksräten, denen noch zwei Ersatzmänner beizugeben sind.
Wo das örtliche Bedürfnis es erfordert, kann die Zahl der Bezirksräte vermehrt werden. Ebenso kann, wo der Umfang der Geschäfte eines Statthalters es erheischt, ein Teil derselben einem Adjunkten zu selbständiger Besorgung übergeben werden.
FN1 Fassung gemäss G vom 5. März 1916 (OS 30, 306). Gewährleistet durch BB vom 21. Juni 1916.
FN2 Fassung gemäss G vom 26. Februar 1899 (OS 25, 335). Gewährleistet durch BB vom 28. Juni 1899.
Die Wahl der Bezirksbehörden steht den Stimmberechtigten mit politischem Wohnsitz im Bezirk zu. FN1
Art. 45. Dem Bezirksrat liegt namentlich ob:
Die Aufsicht über die Verwaltung der Gemeinden und ihrer Güter sowie über das Vormundschaftswesen; der Entscheid öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten, soweit er nach Gesetz nicht einer andern Verwaltungsbehörde oder einem Gericht zusteht. FN2
Dem Statthalter kommt namentlich die Vollziehung der Aufträge des Regierungsrates zu, sowie die Handhabung der ihm durch die Strafgesetzgebung und die Polizeigesetze übertragenen Befugnisse und die Aufsicht über das Strassenwesen.
Art. 46. Jede Stelle der Bezirksverwaltung ist mit derjenigen eines Gemeinderates oder Gemeinderatsschreibers unverträglich.
C. Gemeinden
Art. 47. FN3 Die regelmässige Gemeindeeinteilung ist diejenige in politische Gemeinden, Kirchgemeinden und Schulgemeinden (Primar- und Oberstufenschulgemeinden). FN4
Zur Besorgung besonderer und örtlicher Angelegenheiten innerhalb einer politischen Gemeinde können Zivilgemeinden fortbestehen.
Die Bildung neuer und die zwangsweise Vereinigung oder die Auflösung bestehender politischer Gemeinden steht der Gesetzgebung zu. Die Neubildung, Vereinigung oder Auflösung anderer Gemeinden und die Genehmigung freiwilliger Vereinigungen politischer Gemeinden kann durch die Gesetzgebung dem Kantonsrat oder Regierungsrat übertragen werden.
Die Bildung neuer Zivilgemeinden ist nicht zulässig.
Art.47.bis FN5 Wo besondere Verhältnisse es als wünschenswert erschei-
FN1 Fassung gemäss G vom 28. Mai 1978 (OS 46, 872). Gewährleistet durch BB vom 14. Dezember 1978. In Kraft seit 8. Juli 1978.
FN2 Fassung gemäss G vom 24. Mai 1959 (OS 40, 657). Gewährleistet durch BB vom 7. Oktober 1959.
FN3 Fassung gemäss G vom 6. Juni 1926 (OS 33, 336). Gewährleistet durch BB vom 9. Oktober 1926.
FN4 Fassung gemäss G vom 7. Juli 1963 (OS 41, 458). Gewährleistet durch BB vom 4. Oktober 1963.
FN5 Eingefügt durch G vom 6. Juni 1926 (OS 33, 336). Gewährleistet durch BB vom 9. Oktober 1926.
nen lassen, können sich Gemeinden mit Genehmigung des Regierungsrates miteinander zu Zweckverbänden verbinden, um einzelne Zweige der Gemeindeverwaltung gemeinschaftlich zu besorgen.
Die zwangsweise Verbindung von Gemeinden kann durch die Gesetzgebung dem Kantonsrat oder dem Regierungsrat übertragen werden.
Art. 48. Die Gemeinden sind befugt, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der Verfassung und Gesetze selbständig zu ordnen. Gemeindebeschlüsse können in sachlicher Beziehung nur angefochten werden, wenn sie offenbar über die Zwecke der Gemeinde hinausgehen und zugleich eine erhebliche Belastung der Steuerpflichtigen zur Folge haben, oder wenn sie Rücksichten der Billigkeit in ungebührlicher Weise verletzen.
Art. 49. FN1 Die Verwaltungsorgane der Gemeinden sind:
die Gemeindeversammlung;
die Gemeindevorsteherschaft (Gemeinderat, Kirchenpflege, Schulpflege, Zivilvorsteherschaft) und die übrigen Gemeindebehörden.
Art. 50. FN2 Die politischen Rechte in der Gemeinde werden von den Stimmberechtigten ausgeübt, die in ihr politischen Wohnsitz haben. In bürgerlichen Angelegenheiten besitzen nur die Gemeindebürger, in den Kirchgemeinden nur die Angehörigen der betreffenden Kirche politische Rechte.
Art. 51. Den Gemeindeversammlungen steht insbesondere zu:
Die Aufsicht über die ihnen zugewiesenen Abteilungen der Gemeindeverwaltung, die Festsetzung der jährlichen Voranschläge, die Abnahme der Jahresrechnungen, die Bewilligung von Steuern, die Genehmigung von Ausgaben, welche einen von ihnen festzusetzenden Betrag übersteigen, sowie die Wahl ihrer Vorsteherschaften, deren Zusammensetzung mit Bezug auf die Bürger und Niedergelassenen das Gesetz bestimmen wird.
Den Gemeindevorsteherschaften kommt insbesondere zu:
1. die Vorbereitung aller an die Gemeindeversammlung zu bringenden Angelegenheiten;
2. die Vollziehung der Gemeindebeschlüsse;
FN1 Fassung gemäss G vom 6. Juni 1926 (OS 33, 336). Gewährleistet durch BB vom 9. Oktober 1926.
FN2 Fassung gemäss G vom 28. Mai 1978 (OS 46, 872). Gewährleistet durch BB vom 14. Dezember 1978. In Kraft seit 8. Juli 1978.
3. die Verwaltung der Gemeindegüter, vorbehalten Art. 55 Absatz 2 FN1.
Art. 52. Die Kirchgemeindeversammlungen und die Kirchenpflegen haben sich mit den kirchlichen Gemeindeangelegenheiten zu befassen. FN2
Den Schulgemeindeversammlungen und den Schulpflegen kommt die Obsorge für die allgemeine Volksschule zu.
Art. 53. FN3 Die übrige Gemeindeverwaltung ist Sache der politischen Gemeinden und ihrer Organe.
Art. 54. Die vormundschaftliche Obsorge und die Pflicht der Unterstützung im Falle der Verarmung liegt in der Regel der Heimatgemeinde ob (vgl. Art. 22). Durch die Gesetzgebung können indessen die diesfälligen Pflichten und die damit verbundenen Rechte ganz oder teilweise der Wohngemeinde übertragen werden. FN4
Art. 55. FN3 Die Gemeindegüter sind dazu bestimmt, die öffentlichen Bedürfnisse der Gemeinden zu befriedigen.
Die Gesetzgebung erlässt die näheren Bestimmungen.
Art. 55.bis FN3 Der Gesetzgebung bleibt vorbehalten, für Gemeinden von mehr als 2000 Einwohnern über deren Organisation, die Verwaltung, das Steuerrecht, die Wahl- und Abstimmungsart, sowie die Aufsicht über diese Gemeinden Bestimmungen, die von der Verfassung abweichen, zu erlassen.
V. Rechtspflege
Art. 56. FN5 Ein von kompetenter Stelle gefälltes gerichtliches Urteil kann weder von der gesetzgebenden noch von der administrativen Gewalt aufgehoben oder abgeändert werden. Vorbehalten bleibt das Begnadigungsrecht.
FN1 Art. 55 Abs. 2 hatte in der ursprünglichen Fassung vom 18. April 1869 (OS 14, 549) folgenden Wortlaut: «Den Gemeinden ist freigestellt, die Verwaltung aller Gemeindegüter dem Gemeinderat zu übertragen.»
FN2 Fassung gemäss G vom 7. Juli 1963 (OS 41, 458). Gewährleistet durch BB vom 4. Oktober 1963.
FN3 Fassung gemäss G vom 6. Juni 1926 (OS 33, 336). Gewährleistet durch BB vom 9. Oktober 1926.
FN4 Siehe auch Art. 376 ZGB (SR 210).
FN5 Fassung gemäss G vom 6. Juli 1941 (OS 36, 453). Gewährleistet durch BB vom 1. Oktober 1941.
Die Begnadigung kann nur durch den Kantonsrat erfolgen. Begnadigungsgesuche sind an den Regierungsrat zu richten. Das Gesetz bezeichnet die Fälle, in welchen der Regierungsrat verpflichtet ist, ein Begnadigungsgesuch mit seinem Antrag dem Kantonsrate vorzulegen. In den übrigen Fällen entscheidet der Regierungsrat über die Vorlegung der Gesuche an den Kantonsrat oder über deren Abweisung.
Das Gesetz bestimmt, ob und in welchen Fällen die Begnadigung auch auf dem Gebiete des dem Kanton vorbehaltenen Strafrechts zulässig ist.
Art. 57. FN1 Das Gesetz bestimmt, welche Prozesse durch das Geschworenengericht zu beurteilen sind.
Art. 58. Das Gesetz bestimmt die Zahl, die Organisation, die Kompetenz und das Verfahren der Gerichte.
Vertragsgemässe Schiedsgerichte sind zulässig.
Art. 59. Das Prozessverfahren soll im Sinne möglichster Rechtssicherheit sowie rascher und wohlfeiler Erledigung geordnet werden. Für Streitigkeiten von geringem Betrag wird ein abgekürztes Verfahren eingeführt.
Art. 60. FN2 Die mit der Führung des Notariatswesens betrauten Beamten werden durch die Stimmberechtigten mit politischem Wohnsitz im Notariatskreis gewählt. Sie müssen das Wahlfähigkeitszeugnis für Notare besitzen.
Art. 61. FN3 Die Schuldbetreibung wird einem Beamten der politischen Gemeinde übertragen. Für Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern können durch die Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufgestellt werden (Art. 55bis) FN4.
FN1 Fassung gemäss G vom 25. September 1977 (OS 46, 663). Gewährleistet durch BB vom 20. Juni 1978.
FN2 Fassung gemäss G vom 28. Mai 1978 (OS 46, 872). Gewährleistet durch BB vom 14. Dezember 1978. In Kraft seit 8. Juli 1978.
FN3 Fassung gemäss G vom 9. August 1891 (OS 22, 389). Gewährleistet durch BB vom 23. Dezember 1891.
FN4 Art. 55bis hatte in der Fassung vom 9. August 1891 (OS 22, 389) auf die Art. 61 verweist, folgenden Wortlaut: «Der Gesetzgebung bleibt vorbehalten, für Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern in Hinsicht auf deren Organisa- tion, deren Verwaltung, die Oberaufsicht, die Wahl der Beamten und die Abstimmungsart sowie die Besteuerung Bestimmungen aufzustellen, welche von der Verfassung abweichen.
Solche Ausnahmebestimmungen dürfen jedoch nur getroffen werden, soweit sie durch die besondern Verhältnisse gerechtfertigt sind.»
VI. Unterrichts- und Kirchenwesen
Art. 62. Die Förderung der allgemeinen Volksbildung und der republikanischen Bürgerbildung ist Sache des Staates.
Zur Hebung der Berufstüchtigkeit aller Volksklassen wird die Volksschule auch auf das reifere Jugendalter ausgedehnt werden. Die höheren Lehranstalten sollen unbeschadet ihres wissenschaftlichen Zweckes den Bedürfnissen der Gegenwart angepasst und mit der Volksschule in organische Verbindung gebracht werden.
Der obligatorische Volksschulunterricht ist unentgeltlich. Der Staat übernimmt unter Mitbeteiligung der Gemeinden die hiefür erforderlichen Leistungen.
Die Volksschullehrer sind in wissenschaftlicher und beruflicher Hinsicht umfassend zu befähigen, insbesondere auch zur Leitung von Fortbildungsschulen.
Die Gemeindeschulpflege leitet und beaufsichtigt die Schulen der Gemeinde. In jedem Bezirk besteht ausserdem mindestens eine Bezirksschulpflege. Der Kantonsrat kann einzelne Gemeinden der Bezirksschulpflege eines andern Bezirks unterstellen, wenn besondere Verhältnisse es erfordern. FN1
Die Organisation eines der Erziehungsdirektion beigegebenen Erziehungsrates und einer Schulsynode bleibt dem Gesetze vorbehalten.
Art. 63. Die Schulpflege wählt die Lehrer der Volksschule aus der Zahl der Wahlfähigen. FN2
Die Amtsdauer und das Wahlverfahren werden durch die Gesetzgebung bestimmt. FN2
Der Staat besoldet die Lehrer der Volksschule unter Mitbeteiligung der Gemeinden im Sinne möglichster Ausgleichung der Gehälter innerhalb des Kantonsgebietes. FN3
Art. 63.bis FN4 Die besondere Stellung und Organisation von Versuchsschulen wird durch Gesetz geregelt.
FN1 Fassung gemäss G vom 14. Juni 1981 (OS 48, 221). Gewährleistet durch BB vom 15. Dezember 1981. In Kraft seit 1. Oktober 1984 (OS 49, 149).
FN2 Fassung gemäss G vom 12. März 1995 (OS 53, 178). In Kraft seit 16. August 1995 (OS 53, 179).
FN3 Fassung gemäss G vom 7. Juli 1963 (OS 41, 458). Gewährleistet durch BB vom 4. Oktober 1963.
FN4 Eingefügt durch G vom 7. September 1975 (OS 45, 550). Gewährleistet durch BB vom 17. Dezember 1976.
Art. 64. FN1 Die Glaubens-, und Kultusfreiheit ist nach Massgabe des Bundesrechtes gewährleistet.
Die evangelisch-reformierte Landeskirche und ihre Kirchgemeinden, eingeschlossen die französischen Kirchgemeinschaften, die römisch-katholische Körperschaft und ihre Kirchgemeinden sowie die christ-katholische Kirchgemeinde Zürich sind staatlich anerkannte Personen des öffentlichen Rechts.
Die staatlich anerkannten kirchlichen Verbände ordnen ihre innerkirchlichen Angelegenheiten selbständig, unterstehen im übrigen aber der Oberaufsicht des Staates. Ihre Organisation sowie ihr Verhältnis zum Staate werden durch die Gesetzgebung geregelt, die auch die staatlichen Leistungen für das Kirchenwesen ordnet. Die auf historischen Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen des Staates bleiben gewahrt.
Die von den Stimmberechtigten zu wählenden Pfarrer der staatlich anerkannten Kirchgemeinden unterliegen alle sechs Jahre einer Bestätigungswahl. Das Wahlverfahren wird durch die Gesetzgebung bestimmt.
Für die öffentlich-rechtlich nicht anerkannten religiösen Gemeinschaften gelten die Bestimmungen des Privatrechts.
VII. Revision der Verfassung
Art. 65. Die Revision der Verfassung in ihrer Gesamtheit oder in einzelnen Teilen kann jederzeit auf dem Wege der Gesetzgebung vorgenommen werden.
Falls auf dem Wege der Volksinitiative die Revision der Gesamtverfassung beschlossen wird, findet eine Neuwahl des Kantonsrates statt, welcher die Revision an Hand zu nehmen hat.
Bezügliche Vorlagen unterliegen einer doppelten Beratung im Kantonsrate, und es soll die zweite Beratung nicht früher als zwei Monate nach Beendigung der ersten stattfinden.
Übergangsbestimmungen
zu der Verfassung des eidgenössischen Standes Zürich
1. Die Artikel 11, 15, 19-21, 23-25, 59-62 und 64 der Verfassung kommen erst nach Erlass der zu ihrer Ausführung erforderlichen Gesetze zur Anwendung.
FN1 Fassung gemäss G vom 7. Juli 1963 (OS 41, 458). Gewährleistet durch BB vom 4. Oktober 1963.
2. Art. 14, soweit derselbe die Aufhebung der Niederlassungsgebühr vorschreibt, tritt mit Beginn des nächsten Jahres in Kraft (vgl. Dispositiv 4), ebenso Art. 27.
3. Mit Bezug auf Art. 18 Ziffer 3 wird hinsichtlich der vor Annahme der Verfassung infolge Konkurses ihres Aktivbürgerrechtes verlustig gewordenen Bürger festgesetzt, dass deren Rehabilitation, sofern sie nicht vorher durch Gerichtsbeschluss ausgesprochen wird, nach Verfluss von 10 Jahren, vom Tage der Falliterklärung an gerechnet, von selbst eintritt.
4. Die Art. 1-10, 12-14, 16-18, 22, 26, 28-58, 63 und 65 kommen schon vor ihrer Weiterentwicklung durch die Gesetzgebung zur Anwendung. Es sind demnach alle mit denselben in Widerspruch stehenden Bestimmungen von Gesetzen und Verordnungen als dahingefallen zu betrachten.
5. Für den Fall der Annahme der Verfassung wird auf den 9. Mai die Wahl des neuen Kantonsrates sowie des Regierungsrates und der beiden Mitglieder des schweizerischen Ständerates nach dem von der Verfassung vorgeschriebenen Modus vorgenommen. Der Kantonsrat tritt am zweiten Montag nach Vollzug des dritten Wahlganges zu seiner Konstituierung zusammen, und es ist mit diesem Zeitpunkt das Mandat des Verfassungsrates als erloschen zu betrachten.
Nach erfolgter Konstituierung und Eidesleistung nimmt der Kantonsrat zunächst die Beeidigung des Regierungsrates vor und erlässt hierauf vor allem eine provisorische Geschäftsordnung.