Normalarbeitsvertrag
für landwirtschaftliche Arbeitnehmer
(vom 19.März 1986) FN1
Der Regierungsrat,
auf Antrag der Direktion der Volkswirtschaft und gestützt auf Art. 359, 359 a und 360 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) FN4,
beschliesst:
I. Für die bestehenden und neu abzuschliessenden Arbeitsverträge für landwirtschaftliche Arbeitnehmer gilt folgender
Normalarbeitsvertrag:
I. Geltungsbereich und Wirkung
Geltungsbereich
Art. 1. Dieser Normalarbeitsvertrag findet Anwendung auf alle Arbeitsverhältnisse zwischen männlichen und weiblichen Arbeitnehmern, die vorwiegend in einem landwirtschaftlichen Betrieb oder landwirtschaftlichen Haushalt des Kantons Zürich beschäftigt sind, und ihren Arbeitgebern.
Wirkung
Art. 2. Der Normalarbeitsvertrag gilt als Vertragswille, soweit nicht für einzelne Bestimmungen schriftlich etwas anderes vereinbart wurde.
Für Personen, die einem Lehrvertrag unterstehen, gelten die nachfolgenden Bestimmungen nur soweit, als der Lehrvertrag oder das Berufsbildungsrecht keine abweichenden Regelungen vorsehen.
Vorbehalten bleiben die zwingenden Vorschriften des Bundes und des kantonalen Rechtes.
II. Dauer und Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Probezeit
Art. 3. Die ersten 2 Wochen des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit.
Kündigung
Art. 4. Das Arbeitsverhältnis kann von Arbeitgeber und Arbeitnehmer wie folgt gekündigt werden:
a) während der Probezeit auf das Ende des der Kündigung folgenden dritten Tages,
b) nach Ablauf der Probezeit bis und mit 5. Dienstjahr mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten auf das Ende eines Monats,
c) ab 6. Dienstjahr mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten auf das Ende eines Monats.
Wird dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Wohnung überlassen, so erlischt mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch das Recht auf die Benützung der Wohnung.
Bei einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitgeber sowie bei Entlassung während der Probezeit wird ein mit dem Arbeitsvertrag verbundener Mietvertrag auf das Ende des der Kündigung folgenden Monats aufgelöst.
III. Einsatz und Weiterbildung des Arbeitnehmers
Einsatz des Arbeitnehmers
Art. 5. Der Arbeitnehmer ist seiner Ausbildung und seinen Fähigkeiten gemäss einzusetzen.
Weiterbildung des Arbeitnehmers
Art. 6. Der Besuch von Kursen und Vorträgen zur Aus- und Weiterbildung soll im Rahmen des Möglichen grosszügig gestattet und gefördert werden.
IV. Arbeitszeit, Freizeit, Ferien und Urlaub
Tägliche Arbeitszeit
Art. 7. Die tägliche Arbeitszeit darf normalerweise in den Monaten Mai bis Oktober 11 Stunden, in den übrigen Monaten 10 Stunden nicht überschreiten.
Der Arbeitnehmer hat bei Bedarf die ihm zumutbare Überzeitarbeit zu leisten. Sie wird mit vermehrter Freizeit oder längeren Ferien kompensiert oder entsprechender Lohnzahlung mit 25% Lohnzuschlag vergütet.
Der Arbeitgeber hat eine einwandfreie Kontrolle der Überstunden zu führen. Die Überstunden sind am Ende jedes Monats abzurechnen.
Arbeitnehmern, die das 18. Altersjahr noch nicht zurückgelegt haben, ist eine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens 10 Stunden zu gewähren.
Freizeit
Art. 8. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf einen freien Tag pro Woche und 11/2 zusätzliche Tage pro Monat. Können diese nicht gewährt werden, müssen sie spätestens in den kommenden vier Monaten kompensiert werden. Mindestens einmal pro Monat muss ein Ruhetag auf einen Sonntag fallen.
Dem Arbeitnehmer können mit dessen Zustimmung ausnahmsweise mehrere freie Tage zusammenhängend oder statt eines freien Tages zwei freie Halbtage eingeräumt werden.
Bei der Beanspruchung und Gewährung der Freizeit ist auf die gegenseitigen Bedürfnisse angemessen Rücksicht zu nehmen.
Der Arbeitnehmer ist auch an seinen freien Tagen berechtigt, die Mahlzeiten bei seinem Arbeitgeber einzunehmen.
Ferien
Art. 9. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf folgende bezahlte Ferien:
a) Jugendliche bis zum vollendeten
20. Altersjahr 5 Wochen
b) über 50jährige Arbeitnehmer 5 Wochen
c) alle übrigen Arbeitnehmer 4 Wochen
Über 50jährige Arbeitnehmer können sich mit Zustimmung des Arbeitgebers anstelle des Bezugs der 5. Ferienwoche einen Wochenlohn ausbezahlen lassen.
Für ein unvollständiges Dienstjahr sind Ferien entsprechend der Dauer des Arbeitsverhältnisses im betreffenden Dienstjahr zu gewähren.
Sofern der Arbeitnehmer die Ferien am Arbeitsplatz verbringt, hat er neben dem Barlohn auch Anspruch auf Kost und Logis, im andern Fall ist neben dem Barlohn eine Kostgeldentschädigung nach den Ansätzen der Eidgenössischen Alters- und Hinterbliebenen-Versicherung zu entrichten.
Der Arbeitgeber bestimmt den Zeitpunkt der Ferien und nimmt dabei auf die Wünsche des Arbeitnehmers soweit Rücksicht, als dies mit den Interessen seines Betriebs oder des Haushalts vereinbar ist. In beidseitigem Einverständnis können sie aufgeteilt werden, wobei mindestens zwei Ferienwochen zusammenhängen müssen.
Urlaub
Art. 10. Der Arbeitnehmer hat bei folgenden Ereignissen Anrecht auf einen Urlaub, ohne dass ihm deswegen der Lohn gekürzt wird oder dass ihm diese Tage an die Ferien oder Ruhetage angerechnet werden:
a) höchstens 3 Tage:
eigene Heirat; Tod des Ehegatten, von Blutsverwandten in auf- und absteigender Linie, von Stief- und Adoptivkindern;
b) höchstens 2 Tage:
Niederkunft der Ehegattin des Arbeitnehmers; eigener Wohnungswechsel;
c) höchstens 1 Tag:
Taufe eines Kindes; Hochzeit eines eigenen, Stief- oder Adoptivkindes; Tod von Geschwistern, Schwiegereltern oder Schwager; militärische Aushebung und Inspektion.
V. Lohn
Art und Höhe des Lohnes
Art. 11. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer den Lohn zu entrichten, der verabredet oder üblich ist. Der Lohn soll dem Aufgabenbereich, dem Ausbildungsstand und den Fähigkeiten des Arbeitnehmers entsprechen. Er ist jährlich wenigstens einmal neu zu überprüfen und den Leistungen und Dienstjahren des Arbeitnehmers sowie einer allfälligen Teuerung anzupassen.
Lebt der Arbeitnehmer in Hausgemeinschaft mit dem Arbeitgeber, so bildet der Unterhalt im Hause mit Unterkunft und Verpflegung einen Teil des Lohnes.
Die Familien- und Kinderzulagen dürfen bei der Festsetzung des Lohnes nicht berücksichtigt werden und sind ohne irgendwelche Abzüge auszurichten.
Auszahlung des Lohnes
Art. 12. Der Geldlohn samt Sozialzulagen und die Entschädigung für Überstundenarbeit sind spätestens am Ende jeden Monats auszu-zahlen.
Spätestens bei der Auszahlung des Lohnes hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine schriftliche Lohnabrechnung zu übergeben.
Lohnrückbehalt
Art. 13. Der Arbeitgeber kann einen Viertel des Monatslohnes (Bar- und Naturallohn) zurückbehalten. Hat der Arbeitgeber eine Vermittlungsgebühr und/oder Reisekosten entrichtet, darf er zusätzlich einen Lohnanteil in der Höhe seiner Auslagen zurückbehalten. Insgesamt darf damit jedoch der Betrag des halben ersten Monatslohnes nicht überschritten werden.
Soweit der Lohnrückbehalt nicht als Ersatz für Vermittlungsgebühren und Reisekosten erfolgt, gilt er als Sicherheit für die Forderungen des Arbeitgebers und ist nach den Vorschriften über die Kaution (Art. 330 OR) zu verwalten.
Lohn bei Arbeitsverhinderung
Art. 14. Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Schwangerschaft, Niederkunft, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert, so hat er nach beendigter Probezeit Anspruch auf Bar- und Naturallohn, Pflege und ärztliche Behandlung. Der Anspruch beträgt:
- im ersten und zweiten Dienstjahr 1 Monat
- vom dritten bis fünften Dienstjahr 2 Monate
- vom sechsten bis zehnten Dienstjahr 3 Monate
- ab elftem Dienstjahr 4 Monate
Die Lohnausfallentschädigung fällt in diesem Falle dem Arbeitgeber zu.
VI. Unfall- und Krankenversicherung
Unfallversicherung
Art. 15. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer gemäss Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG) FN6 gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle sowie Berufskrankheiten zu versichern. Die Prämien für die Versicherung der Berufsunfälle und -krankheiten trägt der Arbeitgeber, jene für die Nichtberufsunfallversicherungen der Arbeitnehmer.
Ist der Arbeitnehmer durch einen Unfall oder eine Berufskrankheit an der Arbeitsleistung verhindert, fällt die Lohnausfallentschädigung für die Dauer der Lohnfortzahlung dem Arbeitgeber zu.
Krankenversicherung
Art. 16. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheit versichert ist. Die Wahl des Versicherungsträgers ist Sache der direkten Verständigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ist eine solche nicht möglich, so bestimmt der Arbeitgeber die Kasse.
Es sind folgende Leistungen zu versichern:
a) ärztliche Behandlung und Arznei;
b) Spitalkosten in der allgemeinen Abteilung öffentlicher Krankenanstalten;
c) ein Krankengeld in der Höhe von 80% des bei Versicherungsbeginn vereinbarten Bar- und Naturallohnes ab 31. Krankheitstag.
Die Prämien der Krankenversicherung gehen je zur Hälfte zu Lasten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers. Im Krankheitsfall des Arbeitnehmers ist der Arbeitgeber berechtigt, das von der Versicherung bezahlte Krankengeld vom geschuldeten Lohn abzuziehen.
VII. Berufliche Vorsorge und Abgangsentschädigung
Berufliche Vorsorge
Art. 17. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer gemäss Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) FN5 zu versichern, sofern er der obligatorischen beruflichen Vorsorge untersteht. Der Beitrag des Arbeitgebers für die berufliche Vorsorge gemäss BVG muss mindestens gleich hoch sein wie jener des Arbeitnehmers.
Abgangsentschädigung
Art. 18. Endigt das Arbeitsverhältnis eines mindestens 50 Jahre alten Arbeitnehmers nach 20 oder mehr Dienstjahren, so hat ihm der Arbeitgeber folgende Abgangsentschädigung auszurichten:
a) 20-25 Dienstjahre 2 Monatslöhne
b) 26-30 Dienstjahre 3 Monatslöhne
c) 31-35 Dienstjahre 4 Monatslöhne
d) 36-40 Dienstjahre 5 Monatslöhne
e) über 40 Dienstjahre mindestens 6 Monatslöhne
Ersatzleistungen gemäss Art. 339 d Abs. 1 und 2 OR können von der Abgangsentschädigung abgezogen werden.
Die Abgangsentschädigung kann herabgesetzt werden oder wegfallen, wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund gekündigt oder vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund fristlos aufgelöst wird.
Lohnnachzahlung beim Tod des Arbeitnehmers
Art. 19. Stirbt der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses, so entrichtet der Arbeitgeber den Lohn für einen weiteren Monat und nach fünfjähriger Dienstdauer für zwei weitere Monate, gerechnet vom Todestag an, sofern der Arbeitnehmer den Ehegatten oder minderjährige Kinder oder bei Fehlen dieser Erben andere Personen hinterlässt, denen gegenüber er eine Unterstützungspflicht erfüllt hat.
VIII. Schlussbestimmungen
Streitigkeiten
Art. 20. Das Verfahren bei allen Streitigkeiten aus landwirtschaftlichen Arbeitsverhältnissen richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes FN2 sowie der Zivilprozessordnung FN3.
Art. 21. Die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer treffen sich auf Wunsch einer Partei einmal pro Jahr zur Besprechung der Fragen, welche die durch diesen Normalarbeitsvertrag geregelten Arbeitsverhältnisse betreffen.
Aushändigung des Normalarbeitsvertrages
Art. 22. Der Arbeitgeber hat jedem Arbeitnehmer ein Exemplar dieses Normalarbeitsvertrages auszuhändigen. Dieselbe Pflicht besteht mit Bezug auf Änderungen dieses Normalarbeitsvertrages oder wichtiger, das landwirtschaftliche Arbeitsverhältnis tangierender Bestimmungen des schweizerischen Obligationenrechts.
II. Dieser Beschluss tritt auf den 1. April 1986 in Kraft. Er ersetzt den Beschluss vom 20. Dezember 1972 mit seitherigen Änderungen.
III. Veröffentlichung im Amtsblatt und in der Gesetzessammlung.
___________
FN1 OS 49, 573.
FN2 211.1.
FN3 271.
FN4 SR 220.
FN5 SR 831.40.
FN6 SR 832.20.
Anhang
Vereinbarung
1. Zwischen_________________________________als Arbeitgeber(in)
_______________________________________________________
und____________________________________als Arbeitnehmer(in)
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wird mit Beginn am_____________ein Arbeitsvertrag abgeschlossen.
Der/die Arbeitnehmer(in) übernimmt im Haushalt/Betrieb des/der
Arbeitgebers(-in) eine Stelle als______________________________
2. Für den Arbeitsvertrag gelten grundsätzlich die Bestimmungen des vorstehenden Normalarbeitsvertrages.
3. Besondere Vereinbarungen:
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Eingesehen und gegenseitig unterzeichnet:
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Ort Datum
Der/die Arbeitgeber(in): Der/die Arbeitnehmer(in)
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Bezugsstellen des Normalarbeitsvertrages:
Staatskanzlei des Kantons Zürich, 8090 Zürich
Zürcher Landwirtschaftlicher Kantonalverein, Nüschelerstrasse 35.
8001 Zürich