Verordnung
über die Halbgefangenschaft
(vom 30.April 1986) FN1

Der Regierungsrat,

gestützt auf Art. 4 VStGB 1 FN4, Art. 1 VStGB 3 FN5 und § 29 Abs. 2 StVG FN2,

beschliesst:

I. Voraussetzungen

Strafrahmen
§ 1. Freiheitsstrafen können in Form der Halbgefangenschaft erstanden werden, wenn sie mindestens sieben Tage und längstens sechs Monate dauern.

Massgeblich ist die vom Richter ausgesprochene Strafe ohne Abzug von Untersuchungshaft oder bereits erstandenen Teilstrafen. Beim gemeinsamen Vollzug mehrerer Strafen wird auf die Gesamtdauer abgestellt.

Weitere Voraussetzungen
§ 2. Der Strafvollzug in Form der Halbgefangenschaft ist nur zulässig, wenn der Verurteilte

a) während des Strafvollzugs seiner bisherigen Arbeit oder Ausbildungstätigkeit nachgehen kann;

b) FN8 innert der letzten drei Jahre vor dem Urteil keine Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe von mehr als drei Monaten wegen eines vorsätzlich begangenen Verbrechens oder Vergehens verbüsst hat;

c) nicht flucht- oder gemeingefährlich ist.

Jugendliche
§ 3. Bei Jugendlichen können Einschliessungsstrafen auch dann in der Form der Halbgefangenschaft vollzogen werden, wenn sie weniger als sieben Tage dauern.

II. Verfahren

Information des Verurteilten
§ 4. Die Strafvollzugsbehörde macht den Verurteilten bei der Zustellung des Strafantrittsbefehls darauf aufmerksam, dass er seine Strafe in Form der Halbgefangenschaft verbüssen kann, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Gesuch um Halbgefangenschaft
§ 5. Der Verurteilte hat das Gesuch um Zulassung zur Halbgefangenschaft innert 20 Tagen nach Erhalt der Mitteilung der Vollzugsbehörde einzureichen. Er hat zu belegen, dass er über eine Arbeitsstelle verfügt.

Aufgebot
§ 6. Die Vollzugsbehörde bietet den Verurteilten auf den nächstmöglichen Termin zum Strafvollzug in eine Einrichtung auf, in der die Halbgefangenschaft durchgeführt wird.

III. Durchführung der Halbgefangenschaft

Zuständige Betriebe
§ 7. Strafen werden in Form der Halbgefangenschaft vollzogen in

a) der Abteilung für Halbgefangenschaft der Strafanstalt Regensdorf;

b) besondern von der Justizdirektion bezeichneten Einrichtungen;

c) den von der Justizdirektion mit dieser Vollzugsform beauftragten Bezirksgefängnissen.

Verlassen des Betriebes zur Arbeit
§ 8. Beim Strafvollzug in Form der Halbgefangenschaft darf der Verurteilte den mit dem Vollzug beauftragten Betrieb an fünf Wochentagen während der ordentlichen Arbeitszeit verlassen, um seiner bisherigen Arbeit nachzugehen.

Im Fall von Schicht-, Nacht- und Sonntagsarbeit darf der mit dem Vollzug beauftragte Betrieb in dem Umfang verlassen werden, der der Arbeitszeit an fünf ordentlichen Arbeitstagen entspricht.

Auf ordentliche Arbeitstage fallende Feiertage sind in dem mit dem Vollzug beauftragten Betrieb zu verbringen.

Der Tag, an dem die Strafe angetreten wird, ist ganz in dem mit dem Vollzug beauftragten Betrieb zu verbringen.

Zeitlicher Rahmen
§ 9. Der mit dem Vollzug beauftragte Betrieb legt die Zeiten für das Verlassen des Betriebs für die Arbeit und die Rückkehr dorthin unter Berücksichtigung der Arbeitszeit, des Arbeitswegs und der Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel fest.

Nachweis der Arbeitsstelle bei Strafantritt
§ 10. Liegen zwischen dem Entscheid über die Zulassung zur Halbgefangenschaft und dem Antritt der Strafe mehr als vier Wochen, hat der Verurteilte beim Strafantritt zu belegen, dass er immer noch über eine Arbeitsstelle verfügt.

IV. Besuche, Urlaube, Briefverkehr, Gaben

Besuche
§ 11. Die Verurteilten können in den mit dem Strafvollzug in Halbgefangenschaft beauftragten Betrieben nicht besucht werden.

Urlaube
§ 12. Die Verurteilten können für höchstens 16 Stunden beurlaubt werden, wenn

a) nicht aufschiebbare berufliche Angelegenheiten das Verlassen des Gefängnisses ausserhalb der ordentlichen Arbeitszeit erfordern;

b) Besuche bei schwer erkrankten, nahen Angehörigen nur ausserhalb der ordentlichen Arbeitszeit möglich sind oder

c) eine Taufe, Konfirmation, Firmung, Hochzeitsfeier oder Beerdigung in der engeren Familie auf die Strafzeit fällt.

Korrespondenz
§ 13. Die Korrespondenz der Verurteilten in Halbgefangenschaft unterliegt keinen Beschränkungen.

Gaben
§ 14.Die Zustellung von Gaben an Verurteilte in Halbgefangenschaft ist nicht zulässig.

Hausordnung
§ 15. Die mit dem Vollzug der Halbgefangenschaft beauftragten Betriebe erlassen Hausordnungen, die von der Justizdirektion zu genehmigen sind. Diese halten insbesondere fest, welche Gegenstände zum persönlichen Gebrauch von den Verurteilten in ihre Unterkunft mitgenommen werden dürfen.

V. Kosten der Halbgefangenschaft

Kostgeld
§ 16. Für den Strafvollzug in Form der Halbgefangenschaft hat der Verurteilte ein von der Justizdirektion festzusetzendes Kostgeld zu entrichten.

Barvorschuss
§ 17. Der Verurteilte hat beim Strafantritt mit einem Barvorschuss das Kostgeld und allfällige weitere Forderungen des mit dem Vollzug beauftragten Betriebes sicherzustellen. Die Höhe des Barvorschusses wird von der Justizdirektion festgesetzt.

Befreiung vom Kostgeld
§ 18. Die Justizdirektion kann auf Gesuch einen Verurteilten von der Pflicht zur Entrichtung des Kostgeldes und des Barvorschusses ganz oder teilweise befreien, wenn er überschuldet ist oder die Bezahlung des Kostgeldes die Erfüllung gesetzlicher Unterstützungspflichten beeinträchtigen würde.

VI. Entzug der Halbgefangenschaft

Entzug der Halbgefangenschaft
§ 19. Die mit der Aufsicht über den Betrieb betraute Stelle ordnet den Entzug der Halbgefangenschaft und die Fortsetzung des Strafvollzugs im geschlossenen Vollzug an, wenn ein Verurteilter

a) beim Strafantritt über keine Arbeitsstelle mehr verfügt oder diese während des Strafvollzugs verliert;

b) die Leistung des Barvorschusses oder die Zahlung des Kostgeldes verweigert;

c) ein schweres Disziplinarvergehen begeht.

Als schwere Disziplinarvergehen gelten insbesondere das Einschmuggeln von Alkohol oder Drogen in den mit dem Vollzug beauftragten Betrieb und das Einrücken in alkoholisiertem Zustand oder unter dem Einfluss von Drogen.

VII. Weitere Vorschriften

Anwendbares Recht
§ 20. Ergänzend gelten für die mit dem Vollzug von Strafen in Form der Halbgefangenschaft beauftragten Betriebe die Bestimmungen der Verordnung über die Bezirksgefängnisse FN3.

Unterbringung anderer Gefangener
§ 21. In den ausschliesslich für den Vollzug von Strafen in Form der Halbgefangenschaft vorgesehenen Betrieben kann die Justizdirektion eine kleine Gruppe von Gefangenen, die im internen Vollzug kurze Freiheitsstrafen verbüssen, unterbringen, die für die Erledigung der bei Betrieb und Unterhalt anfallenden Arbeiten eingesetzt werden.

Aufsicht
§ 22. Bei den ausschliesslich für den Vollzug von Strafen in Form der Halbgefangenschaft vorgesehenen Betrieben bezeichnet die Justizdirektion die Stelle, der die erstinstanzliche Aufsicht, die Disziplinargewalt, die Zuständigkeit für die Behandlung von Rekursen gegen Verwaltung und Personal und die Kompetenz zur Gewährung von Urlauben zusteht.

Anwendbarkeit
§ 23. Diese Verordnung ist auf alle Personen anwendbar, die nach dem 1. Januar 1986 verurteilt worden sind.

Inkrafttreten
§ 24. Die Verordnung tritt nach der Genehmigung durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement FN7 auf den vom Regierungsrat zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft FN6.

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FN1 OS 49, 628.
FN2 331.
FN3 333.1.
FN4 SR 311.01.
FN5 SR 311.03.
FN6 In Kraft seit 1. Juli 1986 (OS 49, 632).
FN7 Vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement am 29. Mai 1986 genehmigt.
FN8 Fassung gemäss RRB vom 19. August 1992 (OS 52, 190).