Gesetz
über die Erhaltung von Wohnungen für Familien
(vom 30.Juni 1974) FN1
A. Geltung
I. Voraussetzung und Dauer
§ 1. Gemeinden, die im Verhältnis zur Nachfrage und zur Zahl der Arbeitsplätze kein ausgewogenes Angebot an Wohnungen für Familien aufweisen, können ihr Gebiet oder Teile davon für längstens fünf Jahre den Vorschriften dieses Gesetzes unterstellen.
Unter der gleichen Voraussetzung kann die Unterstellung jeweils um längstens fünf Jahre verlängert werden.
Der Gemeinderat (Stadtrat) ist befugt, mit dem Antrag an die Gemeindeversammlung oder den Grossen Gemeinderat eine vorläufige Unterstellung anzuordnen, die bis zum Beschluss des nach der Gemeindeordnung abschliessend zuständigen Organs, längstens aber sechs Monate, im Falle einer Urnenabstimmung längstens neun Monate, gültig ist.
II. Rechtswirksamkeit
§ 2. Die Unterstellungs- oder Verlängerungsbeschlüsse werden mit ihrem Erlass auf den von der Gemeinde zu bestimmenden Zeitpunkt rechtswirksam.
Auf begründetes Begehren kann im Rechtsmittelverfahren die Rechtswirksamkeit eines angefochtenen Unterstellungs- oder Verlängerungsbeschlusses aufgehoben werden, sofern sofort schlüssig nachgewiesen wird, dass die Voraussetzung der Unterstellung fehlt.
III. Genehmigung
§ 3. Die Beschlüsse der Gemeinden über die Unterstellung oder deren Verlängerung bedürfen der Genehmigung des Regierungsrates.
B. Abbruchvorschriften
I. Bewilligungspflicht
§ 4. Der Abbruch, der Umbau oder die Zweckänderung von Wohnungen für Familien bedürfen der Bewilligung.
II. Erteilung der Bewilligung
1. zwingend
§ 5. Die Bewilligung muss erteilt werden, wenn
a) der Abbruch, der Umbau oder die Zweckänderung aus polizeilichen Gründen verfügt worden ist;
b) der Abbruch, der Umbau oder die Zweckänderung zur Verwirklichung einer diese Massnahmen vorsehenden Planung oder eines Werkes oder einer Anlage im überwiegenden öffentlichen Interesse erforderlich ist;
c) es sich um ein als Eigenheim bewohntes Einfamilienhaus handelt;
d) der Umbau luxuriöse Wohnungen betrifft und mit keiner Zweckänderung verbunden ist;
e) wesentlich mehr Wohnraum für Familien oder Betagte preisgünstig gebaut wird;
f) die betroffenen Wohnungen oder bei Abbruch des Gebäudes die Mehrzahl der Wohnungen wegen ihrer räumlichen oder hygienischen Beschaffenheit nicht mehr genügen und preisgünstig Wohnraum für Familien oder Betagte erneuert oder gebaut wird, dessen Bruttofläche insgesamt mindestens derjenigen der bisherigen Wohnungen entspricht.
2. nach Ermessen
§ 6. Die Bewilligung kann bei besonderen Umständen und unter Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen erteilt werden, namentlich wenn
a) preisgünstig Wohnraum für Familien oder Betagte erneuert oder gebaut wird, dessen Bruttofläche insgesamt mindestens derjenigen der bisherigen Wohnungen entspricht;
b) die betroffenen Wohnungen oder bei Abbruch des Gebäudes die Mehrzahl der Wohnungen wegen ihrer räumlichen oder hygienischen Beschaffenheit nicht mehr genügen;
c) der Eigentümer nachweist, dass er auf dem Grundstück Räumlichkeiten seines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen von ihm geführten Betriebes einrichten will;
d) eine unumgängliche Renovation unverhältnismässig hohe Kosten verursachen würde.
C. Verfahren
I. Gesuch
§ 7. Gesuche um Bewilligung eines Abbruchs, Umbaus oder einer Zweckänderung sind unter Beilage der für den Entscheid notwendigen Unterlagen und unter Angabe der Mieter bei der Behörde einzureichen, die von der Gemeinde zu bezeichnen ist.
Je nach dem geltend gemachten Grund sind folgende Voraussetzungen nachzuweisen:
a) im Falle von § 5 lit. a eine rechtskräftige Verfügung der zuständigen Behörde über den Abbruch des Gebäudes oder die Aufhebung der betroffenen Wohnungen;
b) im Falle von § 5 lit. b der erstinstanzliche Entscheid über die Planung oder die erstinstanzliche baupolizeiliche Bewilligung eines Werkes oder einer Anlage im überwiegenden öffentlichen Interesse;
c) in den Fällen von § 5 lit. e und f sowie § 6 die erstinstanzliche baupolizeiliche Bewilligung des Projektes.
II. Gesuch um einen Vorentscheid
§ 8. Für Vorentscheide gemäss § 5 lit. b, e und f sowie § 6 ist ein zustimmender Bericht der Baubehörde zu einer generellen Bauvorlage erforderlich.
III. Entscheid
§ 9. Der Entscheid der Gemeindebehörde ist dem Gesuchsteller und den Mietern unter Hinweis auf die Rechtsmittel mitzuteilen.
Dient eine Bewilligung der Verwirklichung einer Planung oder eines Bauvorhabens gemäss § 5 lit. b, e und f sowie § 6, so ist sie nur unter dem Vorbehalt zu erteilen, dass die Baubewilligung und gegebenenfalls die Planungsmassnahme in Rechtskraft erwachsen sowie die gesicherte Finanzierung des Bauvorhabens nachgewiesen wird.
D. Rechtsschutz
§ 10. Gegen den Entscheid der Gemeindebehörde ist der Rekurs an den Regierungsrat und gegen dessen Entscheid die Beschwerde an das Verwaltungsgericht zulässig.
Ein gemeindeinternes Einspracheverfahren ist ausgeschlossen.
Zum Rekurs und der Beschwerde sind neben dem Gesuchsteller auch jene Mieter berechtigt, deren Mietobjekt Gegenstand des Entscheides ist.
E. Strafen und Wiederherstellung
I. Strafen
§ 11. Wer vorsätzlich gegen dieses Gesetz oder ausführende Erlasse und gestützt darauf ergangene Verfügungen verstösst, wird unter Vorbehalt des gemeinen Strafrechtes mit Busse bis 50 000 Franken bestraft; in schweren Fällen kann überdies auf Haft erkannt werden.
Handelt der Täter aus Gewinnsucht, so ist die Höhe der Busse unbeschränkt.
Handelt der Täter fahrlässig, wird er mit Busse bis 5000 Franken bestraft.
In besonders leichten Fällen kann auf Bestrafung verzichtet werden.
Versuch, Anstiftung und Gehilfenschaft sind strafbar.
Juristische Personen, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sowie Inhaber von Einzelfirmen haften solidarisch für Bussen und Kosten, die ihren Organen oder Hilfspersonen auferlegt werden; im Verfahren stehen ihnen die gleichen Rechte wie den Beschuldigten zu.
II. Wiederherstellung
§ 12. Die zuständigen Behörden können unabhängig vom Ausgang eines allfälligen Strafverfahrens die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes verlangen.
F. Aufsicht und Vollzug
I. Aufsicht
§ 13. Die Oberaufsicht über die Anwendung dieses Gesetzes steht dem Regierungsrat zu; er kann sie durch Verordnung einer seiner Direktionen übertragen.
II. Vollzug
§ 14. Der Regierungsrat erlässt die zum Vollzug dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen FN2.
G. Inkraftsetzung
§ 15. Dieses Gesetz tritt, sofern die Stimmberechtigten es annehmen, nach der amtlichen Veröffentlichung des Kantonsratsbeschlusses über die Erwahrung auf den vom Regierungsrat zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft FN3.
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FN1 OS 45, 177 und GS V, 284.
FN2 703.21.
FN3 In Kraft seit 15. Oktober 1974.