Verordnung
über das Staatsarchiv
(vom 10.April 1974) FN1

I. Zweck

Zweck
§ 1. Das Staatsarchiv ist dazu bestimmt,

a) eine dauerhafte dokumentarische Überlieferung sicherzustellen, die zu amtlichen Zwecken über die Organisation der kantonalen Behörden und Amtsstellen sowie über das wesentliche Geschehen in ihrem Geschäftsbereich authentischen Aufschluss erteilt und zugleich den berechtigten Ansprüchen der Öffentlichkeit, namentlich den Forschungsbedür fnissen der Geschichtswissenschaft, genügt;

b) die kantonale Verwaltung von Akten zu entlasten, die sie nur mehr selten benötigt, die ihr aber aus rechtlichen oder verwaltungstechnischen Rücksichten noch längerfristig zur Verfügung stehen müssen;

c) die Benützung seiner Bestände im Sinne von lit. a und b nach Möglichkeit zu erleichtern und zu fördern;

d) die Landes- und Ortsgeschichte zu pflegen.

II. Organisation

Verwaltung
§ 2. Das Staatsarchiv wird als Verwaltungsabteilung der Direktion des Innern vom Staatsarchivar, dem die nötige Zahl von Beamten und Angestellten beigegeben ist, geleitet.

Archivkommission
a) Bestellung
§ 3. Die Archivkommission besteht aus dem Direktor des Innern als Präsident und vier weiteren, vom Regierungsrat auf Amtsdauer gewählten Mitgliedern.

An ihren Sitzungen nehmen mit beratender Stimme ein Sekretär der Direktion des Innern und der Staatsarchivar teil. Sein Stellvertreter führt in der Regel das Protokoll.

b) Aufgaben
§ 4. Die Archivkommission begutachtet

a) den Jahresbericht des Staatsarchivs und sein Arbeitsprogramm;

b) die vom Staatsarchiv vorgeschlagenen wissenschaftlichen Publikationen;

c) die Vorschläge für die Wahl wissenschaftlicher Beamter des Staatsarchivs;

d) Leihgesuche betreffend Archivalien von besonderer Tragweite;

e) Vorschläge über Abtretung, Austausch oder Beseitigung von Beständen des Staatsarchivs;

f) Vorschläge über den Erwerb von Archivalien, falls dazu ausserordentliche Mittel erforderlich sind;

g) weitere Fragen betreffend das Staatsarchiv oder das kantonale Archivwesen, die ihr vom Staatsarchivar oder von der Direktion des Innern vorgelegt werden.

III. Akten der kantonalen Zentralverwaltung

Obliegenheiten des Staatsarchivs
§ 5. Das Staatsarchiv verwaltet die ihm übergebenen Akten der kantonalen Behörden und Amtsstellen und stellt sie ihnen im Bedarfsfall zur Verfügung. Aufgrund seiner Bestände und im Rahmen seiner personellen Möglichkeiten erteilt es auch Auskünfte, erstattet Gutachten und erstellt Dokumentationen.

Aktenablieferung
a) Grundsatz
§ 6. Die Staatskanzlei, die Direktionen des Regierungsrates und die ihnen unterstellten oder angegliederten Ämter und Kommissionen liefern die bei ihnen erwachsenen Akten periodisch, in der Regel frühestens nach 10 und spätestens nach 20 Jahren, dem Staatsarchiv ab, soweit diese von langfristiger oder dauernder Bedeutung sind, aber bei den betreffenden Stellen nicht mehr häufig benötigt werden.

Als Akten gelten auch Protokolle und andere Amtsbücher, Rechnungen, Pläne, Karteien, Fotos, Filme, Tonbänder und sonstige Informationsträger.

b) Verfügung über das Einsichtsrecht
§ 7. Die von der Verwaltung dem Staatsarchiv übergebenen Akten sind, während 35 Jahren, vom Zeitpunkt ihrer Anlage an gerechnet, für private Benützer nicht zugänglich. Ausnahmebewilligungen erteilen die abliefernden Stellen, die auch befugt sind, für bestimmte Aktentypen eine längere Sperrfrist festzusetzen.

c) Vorbereitung der abzuliefernden Akten
§ 8. Die ablieferungspflichtigen Stellen legen im Einvernehmen mit dem Staatsarchiv Listen über die bei ihnen auflaufenden Akten an. Darin wird bestimmt, welche Aktentypen das Staatsarchiv vollständig, in Auswahl oder gar nicht übernehmen soll. In den beiden ersten Fällen ist weiter anzugeben, wie die Akten angelegt und welche Findmittel dazu vorhanden sind sowie in welchen Abständen die Abgabe an das Staatsarchiv erfolgen kann. Die abliefernde Stelle bestimmt die Mindestdauer der Aufbewahrung abgelieferter Akten durch das Staatsarchiv.

Wenn wesentliche Änderungen in den Aufgaben oder der Organisation einer ablieferungspflichtigen Stelle eintreten, ist das Staatsarchiv zu verständigen, damit die entsprechende Liste gemeinsam bereinigt werden kann.

d) Vollzug der Ablieferung
§ 9. Für den Transport der Akten ins Staatsarchiv sorgt die abliefernde Stelle. Sie gibt den in geordnetem Zustand abzuliefernden Akten auf einem vom Staatsarchiv dafür bereitgestellten Formular ein Verzeichnis im Doppel mit, das den Inhalt mit Angabe von Anfangs-

und Endjahr summarisch charakterisiert und eine rasche Kontrolle der Vollständigkeit ermöglicht. Ein Exemplar wird ihr mit der Empfangsbestätigung des Staatsarchivs zurückerstattet.

Der genaue Zeitpunkt der Ablieferung ist jeweils mit dem Staatsarchiv rechtzeitig zu vereinbaren.

e) Ausnahmen
§ 10. Können ausnahmsweise Akten über die in den Listen dafür vorgesehenen Fristen hinaus nicht abgeliefert werden, so ist dem Staatsarchiv Mitteilung zu machen.

Werden Akten ohne die zugehörigen Findmittel abgeliefert, so sorgt die abliefernde Stelle dafür, dass die vorhandenen Register

und Karteien bis zu ihrer späteren Übergabe ungeschmälert erhalten bleiben.

f) Verträge
§ 11. Das Staatsarchiv kann die sofortige Ablieferung der Origi-

nale von Verträgen, welche der Regierungsrat abgeschlossen oder genehmigt hat, verlangen, sofern sie ein historisches Interesse bekommen könnten.

Beratung
§ 12. Das Staatsarchiv berät die ablieferungspflichtigen Stellen hinsichtlich der Verwendung dauerhafter Materialien und Speicherformen sowie der geordneten Ablage und zweckmässigen Aufbewahrung derjenigen Akten, die es von ihnen übernehmen soll.

Regierungsbibliothek
§ 13. Als Träger der Regierungsbibliothek übernimmt das Staatsarchiv die dem Regierungsrate zukommenden Druckwerke und sammelt alle Publikationen, an deren Herausgabe kantonale Stellen in irgendeiner Form beteiligt sind.

Diese Bestände stehen im Sinne einer Präsenzbibliothek der Verwaltung offen.

Verbindungsleute
§ 14. Die Staatskanzlei und die Direktionen des Regierungsrates bezeichnen je einen oder mehrere mit der Registratur vertraute Beamte, die als Verbindungsleute zusammen mit dem Staatsarchiv für den Vollzug von §§ 6-13 dieser Verordnung besorgt sind.

IV. Akten anderer Institutionen

Absprachen mit Instanzen ausserhalb der Verwaltung
§ 15. Mit Genehmigung der Direktion des Innern kann das Staatsarchiv Akten weiterer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten des Kantons Zürich übernehmen, wobei die §§ 5-14 dieser Verordnung sinngemäss anzuwenden sind.

Aufsichts-befugnisse
§ 16. Über die Archive der Gemeinde- und Bezirksbehörden sowie der Notariate, Grundbuch- und Konkursämter und des Schiffsregisteramtes übt das Staatsarchiv die Aufsicht nach den dafür massgebenden Vorschriften aus.

V. Vermehrung, Sicherung und Auswertung der Bestände

Erwerb von Archivalien
§ 17. Dokumente in Privatbesitz, die seine Bestände ergänzen, sucht das Staatsarchiv als Geschenk, als Depositum oder durch Kauf an sich zu bringen. Wo das nicht gelingt, bemüht es sich, Verzeichnisse und allenfalls Kopien zu beschaffen.

Dabei ist der Abgrenzung der Sammelgebiete zwischen dem Staatsarchiv einerseits, der Zentralbibliothek Zürich, der Stadtbibliothek Winterthur sowie den zürcherischen Stadt- und Gemeindearchiven anderseits Rechnung zu tragen.

Erhaltung und Sicherung der Bestände
§ 18. Das Staatsarchiv sorgt für die Erhaltung seiner Bestände, indem es diese zweckmässig unterbringt, kontrolliert und pflegt und geeignete Vorkehren für ihre Rettung im Katastrophenfall trifft.

Besonders wertvolle oder gefährdete Archivalien sichert es durch Aufnahme auf Mikrofilm. Die Filme wie auch allfällige Doppel von Originalen werden von den letzteren räumlich getrennt aufbewahrt.

Geringwertige Archivbestände dürfen vom Staatsarchiv nach der von der abliefernden Stelle festgesetzten Aufbewahrungsdauer mit Bewilligung der Direktion des Innern, die hiezu die Archivkommission anhört, beseitigt werden.

Förderung der Geschichtskunde
§ 19. Das Staatsarchiv fördert die Kenntnis seiner Bestände und ihre Bearbeitung, indem es die nötigen Hilfsmittel und Einrichtungen unterhält und ausbaut, wichtige Quellen ediert oder in wissenschaftlichen Veröffentlichungen auswertet, Ausstellungen, Kurse und Führungen veranstaltet und Interessenten berät.

VI. Benützungsordnung

Zutritt
§ 20. Das Staatsarchiv steht während den durch Anschlag bekanntgegebenen Öf fnungszeiten jedermann im Rahmen der nachstehenden Bestimmungen und des verfügbaren Platzes zur Benützung offen.

Ausweispflicht
§ 21. Die Benützer sind gehalten, eine Besucherkarte auszufüllen. Auf Verlangen haben sie sich über ihre Personalien auszuweisen und das Ziel ihrer Arbeit anzugeben.

Sorgfaltspflicht
§ 22. Wer Archivalien unsorgfältig behandelt oder sonst in schwerwiegender Weise oder wiederholt gegen die Anordnungen des Aufsichtspersonals verstösst, kann von der Benützung ausgeschlossen werden.

Für Beschädigungen haftet der Verursacher.

Ausleihe
§ 23. Archivalien werden an Private nicht ausgeliehen, Bestände der Handbibliothek und der Druckschriftensammlung nur ausnahmsweise und gegen Quittung.

Dagegen steht das Staatsarchiv im Leihverkehr mit anderen Archiven, Bibliotheken oder Amtsstellen, soweit diese Gegenrecht halten und die Sicherheit der Leihgabe ausreichend gewährleistet ist.

Besonders kostbare, empfindliche oder häufig gebrauchte Archivalien sind von der Versendung ausgeschlossen.

Einsichtsbeschränkungen
§ 24. Für die Vorlage amtlicher Akten an private Benützer gelten die in § 7 erwähnten Sperrfristen.

Archivalien nichtamtlicher Herkunft unterliegen besonderen Benützungsbeschränkungen, soweit solche mit dem Vorbesitzer vereinbart wurden.

Schriftliche Anfragen
§ 25. Schriftliche Anfragen können nur nach Massgabe der verfügbaren Arbeitskräfte beantwortet werden. Die Antwort kann sich auf die allgemeine Auskunft beschränken, ob über die gestellte Frage im Staatsarchiv Material vorhanden ist.

Kopien
§ 26. Fotomechanische Kopien einzelner Dokumente werden für Besteller angefertigt oder vermittelt, soweit dies ohne Gefährdung der Originale möglich ist. Aufträge, die einen grösseren Arbeitsaufwand verursachen, können jedoch nur ausnahmsweise und unter Bedingungen erfüllt werden. Die Negative der Fotos von Archivalien sind in der Regel dem Staatsarchiv zu überlassen.

Wer Archivalien selber fotografieren, Bilder von solchen verbreiten oder Siegel abformen will, bedarf einer besonderen Bewilligung des Staatsarchivs.

§ 27. Die Benützung des Staatsarchivs ist in der Regel unentgeltlich.

Für die Ausführung privater Aufträge oder bei sonstiger ausserordentlicher Beanspruchung des Archivpersonals - worauf kein Anspruch besteht - kann jedoch nach Massgabe der Gebührenordnung für die Verwaltungsbehörden FN2 unter Berücksichtigung des Zeitaufwandes eine Gebühr erhoben werden.

Belegexemplare
§ 28. Dem Staatsarchiv ist von Veröffentlichungen, die in erheblichem Mass auf seinen Materialien beruhen, ein Belegexemplar abzugeben.

Ergänzende Bestimmungen
§ 29. Die Direktion des Innern kann ergänzende Bestimmungen zur Benützungsordnung erlassen.

VII. Schlussbestimmung

Inkrafttreten
§ 30. Diese Verordnung tritt am 1. Mai 1974 in Kraft.

Auf diesen Zeitpunkt werden das Reglement betreffend die Verwaltung des Staatsarchivs vom 23. August 1900, das Regulativ betreffend die Ablieferung von Akten an das Staatsarchiv vom 5. August 1882 und die Benützungsordnung für das Staatsarchiv vom 1. Dezember 1942 aufgehoben.

___________

FN1 OS 45, 54 und GS III, 519.
FN2 682.