Verordnung
über die Durchführung der Grundbuchvermessung und die Kostentragung für Einführung des Grundbuches
(vom 30.Oktober 1922) FN1

Der Regierungsrat,

in Ausführung der Bestimmungen des Bundesbeschlusses betreffend Beteiligung des Bundes an den Kosten der Grundbuchvermessung vom 5. Dezember 1919 FN10, der bundesrätlichen Verordnung betreffend die Grundbuchvermessungen vom 15. Dezember 1910 FN9, der eidgenössischen Instruktion für die Vermarkung und die Parzellarvermessung vom 10. Juni 1919 FN7 und der §§ 183, 222, 266, 272 des zürcherischen Einführungsgesetzes vom 2. April 1911 zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch FN3,

verordnet:

A. Allgemeine Bestimmungen

§ 1. Als amtliche Vermessungen im Sinne des Art. 950 des Zivilgesetzbuches FN6 und des § 266 des zürcherischen Einführungsgesetzes FN3 gelten die vom Bundesrat anerkannten und vom Regierungsrat rechtskräftig erklärten Vermessungswerke und deren vorschriftsgemässe Nachführung.

§ 2. Die Gemeinden haben die Vermessungswerke nach Massgabe der eidgenössischen und kantonalen Vorschriften zu erstellen und nachzuführen. Der Regierungsrat entscheidet im Einverständnis mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (Eidgenössische Vermessungsdirektion) und dem Obergericht über die Zeit, in welcher die Grundbuchvermessungen in den Gemeinden durchgeführt werden sollen FN9, und über die zu stellenden Genauigkeitsanforderungen sowie darüber, ob im einzelnen Falle mit der Grundbuchvermessung eine Verbesserung der Flureinteilung zu verbinden ist. Die Durchführung der verbesserten Flureinteilung erfolgt nach den Bestimmungen des Landwirtschaftsgesetzes FN5.

Den Gemeinden bleibt vorbehalten, bei selbständiger Tragung der Mehrkosten, höhere Anforderungen an ihre Vermessungswerke zu stellen.

Bei der Anordnung der Grundbuchvermessung sind die Gemeinden städtischen oder industriellen Charakters voranzustellen. Im übrigen ist die Reihenfolge den finanziellen Verhältnissen der Gemeinden nach Möglichkeit anzupassen.

Der Zeitpunkt, in welchem die Grundbuchvermessung begonnen werden soll, ist den Gemeinden so früh wie möglich bekanntzugeben.

§ 3. Die Leitung und Prüfung der Grundbuchvermessungen übt das Meliorations- und Vermessungsamt unter der Oberaufsicht der Eidgenössischen Vermessungsdirektion aus. Diese Organe sind berechtigt, über die von den Gemeinden ausgeführten Vermessungsarbeiten Berichte einzuholen und Inspektionen vorzunehmen.

§ 4. Die Gemeinderäte haben in oder ausser ihrer Mitte Vermessungskommissionen aus mindestens drei Mitgliedern zu bestellen, welche den Verkehr mit den Oberbehörden, den Grundeigentümern und den Geometern führen.

§ 5. Alle von den Gemeinden über die Grundbuchvermessung erlassenen Vorschriften und die mit den ausführenden Geometern abgeschlossenen Vermessungsverträge bedürfen der Genehmigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (Eidgenössische Vermessungsdirektion) und der Direktion der Volkswirtschaft.

§ 6. Bund und Kanton haben das Recht, das Grundbuchvermessungswerk für ihre Interessen zu benützen. Kopien von Grundbuchplänen dürfen ohne Zustimmung des Kantonsgeometers FN12 nur vom Nachführungsgeometer oder dessen Personal ausgeführt werden.

§ 7. Wer Vermarkungs- und Vermessungszeichen jeder Art beschädigt oder irgendwie verändert, ist für allen Schaden haftbar und kann, wenn die Beschädigung oder Veränderung in böswilliger oder grobfahrlässiger Weise geschehen ist, durch das Statthalteramt mit Polizeibusse von Fr. 5 bis Fr. 100 belegt werden. Vorbehalten bleiben überdies die Bestimmungen des Strafgesetzbuches FN8. Derselben Strafe unterliegen Personen, welche einen Vermessungsbeamten in seinen Arbeiten gewaltsam hindern.

B. Vermarkung

§ 8. Die Grundeigentümer sind verpflichtet, ihre Eigentumsgrenzen nach Massgabe der eidgenössischen Instruktion für die Vermarkung und Parzellarvermessung FN7 und der Bestimmungen dieser Verordnung vermarken zu lassen.

Wo Verbesserungen der Grenzen im Sinne von Art. 11 der eidgenössischen Instruktion für die Vermarkung und die Parzellarvermessung vom 10. Juni 1919 FN7 notwendig erscheinen, können sie auf Ansuchen der Vermessungskommission durch die Volkswirtschaftsdirektion auf dem Wege der Verfügung angeordnet werden.

Die Verpflockung und Vermarkung der Eigentumsgrenzen hat der Vermessung jeweilen in einem grösseren zusammenhängenden Gebiet unmittelbar voranzugehen. Verpflockung und Vermarkung sind wo möglich in einem Akt zu vereinigen. Die Zahl der Grenzzeichen ist tunlichst zu verringern. An Stelle von Marksteinen können dauerhafte Pfähle verwendet werden, und bei Flur-, Fuss- und Waldwegen kann eine durchgehende Vermarkung unterbleiben. Für diese Art der Vermarkung ist bei öffentlichen Fusswegen und Strassen die Einwilligung der zuständigen Strassenaufsichtsbehörde erforderlich. Wo senkrechte Mauerfluchten und Sockel die Grenze bilden, kann von der Anbringung von Grenzzeichen Umgang genommen werden.

§ 9. Die Vermessungskommission hat nach Anhörung des Grundbuchgeometers für die rechtzeitige Beschaffung einer genügenden Anzahl vorschriftsmässiger Marksteine, Markbolzen und Pfähle sowie des erforderlichen Versicherungsmateriales für die Polygonpunkte zu sorgen.

§ 10. Die Vermessungskommission hat nach Durchführung der Vermarkung oder, wenn die Verpflockung der Vermarkung als unabhängige Arbeit vorangeht, nach erfolgter Verpflockung in einer Vermarkungssektion durch Publikation eine Einsprachefrist von zwanzig Tagen zu eröffnen. An auswärts Wohnende erfolgt die Fristansetzung, sofern deren Name und Wohnort bekannt ist, mittels eingeschriebenen Briefes.

Wird innerhalb der Einsprachefrist gegen die Verpflockung oder die Vermarkung keine schriftliche Einsprache bei der Vermessungskommission erhoben, so gilt sie als anerkannt.

Erfolgt eine Einsprache und erzielt die Vermessungskommission keine Einigung, so überweist sie die Streitigkeit an den Grundbuchverwalter, welcher im Sinne von § 271 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch FN3 vorgeht. Die eventuelle Überweisung der Streitigkeit an den Einzelrichter hat innerhalb 30 Tagen, vom Zeitpunkt der Überweisung an den Grundbuchverwalter an gerechnet, zu erfolgen.

§ 11. Bei Gebäuden, welche direkt an öffentliches Eigentum anstossen, gilt, sofern nicht etwas anderes vereinbart oder öffentlicher Grund nachweisbar überbaut ist, diejenige Linie als Eigentumsgrenze, längs welcher die äussere Sockelfläche die Bodenoberfläche schneidet.

§ 12. Bei zusammengebauten Häusern ist im Zweifel die Mitte der Brandmauer im Erdgeschoss als Grenze zu betrachten. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Planungs- und Baugesetzes FN4.

§ 13. Die Gemeindegrenzen sollen tunlichst so verlegt werden, dass sie natürlichen Grenzen folgen und keine Grundstücke durchschneiden; vorbehalten bleiben die Bestimmungen des Gemeindegesetzes FN2.

Die Gemeinden entscheiden, ob sie ihre Grenze durch Gemeindegrenzsteine kenntlich machen wollen. Im Bereich öffentlicher Strassen sind diese Steine so zu setzen, dass sie den Verkehr nicht gefährden.

Die Kosten sind von den beteiligten Gemeinden nach Massgabe der Anstosslänge zu tragen.

C. Vermessung, Kartierung, Umfang der Vermessungswerke

§ 14. Mit der Messung der Polygonzüge und Detailau fnahme darf erst begonnen werden, nachdem über einen grösseren Geländeabschnitt die Vermarkung durchgeführt und diese durch die kantonalen Aufsichtsorgane geprüft und gutbefunden worden ist.

§ 15. Die Messungsergebnisse der Polygonseiten sind auf Meereshöhe zu reduzieren und mit dem Vergrösserungsfaktor der Kartenprojektion zu multiplizieren.

§ 16. In sämtlichen Instruktionsgebieten sind die Handrisse und Originalpläne nach einem von der Vermessungsaufsicht zu genehmigenden Verfahren zu vervielfältigen. Die Anzahl der Kopien wird in den Dienstvorschriften oder im Vermessungsvertrag bestimmt.

§ 17. Zu einem vollständigen Vermessungswerk gehören sämtliche in Art. 53 der eidgenössischen Instruktion für die Vermarkung und die Parzellarvermessung FN7 genannten Bestandteile, auch die als fakultativ bezeichneten, sowie ein Doppel des Eigentümerverzeichnisses (an die Stelle des eidgenössischen Güterverzeichnisses tritt der kantonale Grundkataster).

Dem Grundbuchamt sind zu übergeben der Grundkataster und ein Doppel der Grundbuchpläne und des Eigentümerverzeichnisses.

D. Prüfung und Anerkennung der Vermessungswerke

§ 18. Das Vermessungswerk ist nach erfolgter Prüfung und Beseitigung allfälliger Mängel in einem geeigneten Lokal während 14 bis 30 Tagen öffentlich aufzulegen und es ist hievon den Grundeigentümern durch Publikation Kenntnis zu geben. Denselben sind zu Beginn der Auflegung des Vermessungswerkes die Güterzettel durch den Weibel gegen Empfangsbestätigung, an auswärts Wohnende, sofern deren Name und Wohnort bekannt ist, mittels eingeschriebenen Briefes zuzustellen.

Die Grundeigentümer sind verpflichtet, das Vermessungswerk während seiner Auflegung einzusehen, mit der Androhung, dass sie sonst für Berichtigung allfällig nachträglich sich zeigender Fehler, die bei Einsichtnahme hätten vermieden werden können und die nicht Dritten zur Last fallen, die Kosten zu tragen haben.

Einwendungen gegen die Richtigkeit des Vermessungswerkes sind binnen 30 Tagen, vom Tage der Zustellung des Güterzettels an gerechnet, bei der Vermessungskommission schriftlich einzureichen. Diese Fristansetzung erfolgt gleichzeitig mit der Publikation der öffentlichen Auflegung des Vermessungswerkes. An auswärts Wohnende erfolgt die Fristansetzung gleichzeitig mit der Zustellung des Güterzettels.

Die Güterzettel sind der Vermessungskommission mit Ablauf der Einsprachefrist vom Grundeigentümer unterschrieben zurückzuerstatten, wogegen ihm hernach eine Kopie des bereinigten Güterzettels zugestellt wird.

Gegen Entscheide der Vermessungskommission ist innert 20 Tagen der Rekurs an die Direktion der Volkswirtschaft zulässig.

§ 19. Gestützt auf den Verifikationsbericht des Meliorations- und Vermessungsamtes und ein Zeugnis der Vermessungskommission über die erfolgte öffentliche Planauflage und die Erledigung allfälliger Einwendungen (§ 18) ersucht die Direktion der Volkswirtschaft das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement um die Anerkennung des Vermessungswerkes. Hernach erklärt es der Regierungsrat als rechtskräftig.

Von diesem Zeitpunkt an haben die Grundbuchämter beim Grundbuchverkehr an Stelle der alten Bezeichnungen und Masse der Grundstücke die neuen Nummern und Masse zu verwenden, sofern dies wegen der Eigentumsverhältnisse angängig ist.

E. Nachführung der Vermessungswerke

§ 20. Die Gemeinderäte wählen unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Volkswirtschaftsdirektion einen Nachführungsgeometer, dessen Obliegenheiten und Entschädigung durch Vertrag oder durch Reglement festzusetzen sind.

Für die Nachführung können besondere Kreise gebildet werden, deren Grösse die Volkswirtschaftsdirektion nach Anhörung der beteiligten Gemeinderäte bestimmt.

Umfasst ein Kreis mehrere Gemeinden, so haben sich die Gemeinderäte über die Wahl des Nachführungsgeometers zu verständigen. Ist eine Verständigung nicht möglich, so erfolgt die Wahl durch die Volkswirtschaftsdirektion.

Auf das Ansuchen einer Gemeinde kann der Regierungsrat die Nachführung der Vermessungswerke dem Meliorations- und Vermessungsamt übertragen, nachdem sich beide Teile über die Kostentragung verständigt haben.

§ 21.

§ 22. Wird durch eine Mutation die Grösse der Grundstücke geändert, so ist die Flächenberechnung in allen Instruktionsgebieten derart durchzuführen, dass die abgetrennten Flächen und die Restflächen berechnet werden.

§ 23. Die Messurkunden sind doppelt anzufertigen. Das eine Exemplar geht an das Grundbuchamt, das andere behält der Nachführungsgeometer bei den Mutationsakten. Nach Vollzug der Au fnahmen ins Grundbuch und der schriftlichen Anzeige des Grundbuchamtes an den Nachführungsgeometer werden Grundbuchplan und Flächenverzeichnis nachgeführt.

§ 24. Werden durch eine Mutation die Grenzen eines Grundstücks geändert, so erhält dasselbe eine neue, und zwar die an die letzte Grundstücknummer anschliessende Nummer.

F. Tragung der Kosten

a) Für die Durchführung der Grundbuchvermessungen (Triangulation IV. Ordnung, Parzellarvermessung und Übersichtsplan)

§ 25. Der Staat trägt die Kosten für die Leitung und Prüfung der Vermessungswerke sowie die Kosten für die erstmalige Triangulation IV. Ordnung.

§ 26. Die Grundeigentümer tragen vorbehältlich anderslautender Gemeindebeschlüsse die Kosten der Vermarkung der Eigentumsgrenzen sowie die Kosten der durch sie verursachten Nachführungsarbeiten.

§ 27. Die Gemeinden tragen die übrigen Kosten der Grundbuchvermessung. Sie erhalten daran Staatsbeiträge gemäss § 28 und allenfalls Bundesbeiträge.

Sie können die Restkosten nach einem ihnen zweckmässig erscheinenden Verfahren ganz oder teilweise auf die beteiligten Grundeigentümer überwälzen; dabei sind jene Personen zahlungspflichtig, welche im Zeitpunkt der Rechtskraft des Kostenverlegers Eigentümer der Grundstücke sind.

§ 28. Die Staatsbeiträge an die Gemeinden betragen für die

a) erstmalige Parzellarvermessung nach


b) Erstellung des Übersichtsplans und dessen Reproduktion 20%;

c) Nachführung der Triangulation IV. Ordnung 25%;

d) Erhaltung und Erneuerung anerkannter Parzellarvermessungen 25%;

e) Nachführung anerkannter Parzellarvermessungen, sofern die Arbeiten durch eine Güterzusammenlegung verursacht werden, 40%;

f) Nachführung des Übersichtsplans 25%.

Für die Beitragsberechnung sind die vom Bund als beitragsberechtigt anerkannten Kosten massgebend.

§ 29. Die Gemeinden reichen spätestens vier Monate nach Ende des Kalenderjahres der Volkswirtschaftsdirektion alle Ausweise ein, welche zur Berechnung von Bundes- und Staatsbeiträgen sowie zur Überwachung der Nachführungstätigkeit erforderlich sind.

§ 30.

b) Für die Einführung des Grundbuches

§§ 31-38.

G. Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 39. Gemeinden, welche Vermessungswerke besitzen, die nicht anerkannt werden konnten, haben sie bis zur Durchführung der Neuvermessung unter staatlicher Aufsicht nachzuführen.

§§ 40-42.

§ 43. Diese Verordnung hebt diejenige vom 30. September 1912 auf; sie wird nach erfolgter Genehmigung durch die zuständigen Oberbehörden FN11 vom Regierungsrat in Kraft gesetzt.

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FN1 OS 32, 290 und GS II, 441.
FN2 131.1.
FN3 230.
FN4 700.1.
FN5 910.1.
FN6 SR 210.
FN7 SR 211.432.23.
FN8 SR 311.0, Art. 257.
FN9 Heute SR 211.432.2.
FN10 Heute SR 211.432.27.
FN11 Vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement am 10. November 1922 genehmigt. Abschnitt F in der ursprünglichen Fassung vom Kantonsrat am 30. Oktober 1922 genehmigt.
FN12 Gemäss RRB über die Vereinigung des Vermessungsamtes mit dem Meliorati- onsamt vom 5. Juni 1941, Amtsblatt (Textteil) 1941, 968 wurde die Stelle des Kantonsgeometers aufgehoben und das Vermessungsamt mit dem Meliorationsamt vereinigt.