Gesetz
über das kantonale Strafrecht und den Vollzug von
Strafen und Massnahmen
(Kantonales Straf- und Vollzugsgesetz / StVG)
(vom 30. Juni 1974) FN1
I. Teil: Kantonales Strafrecht
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Geltungsbereich
§ 1. Die nachfolgenden Bestimmungen finden auf das dem Kanton gemäss Art. 335 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) FN12 vorbehaltene Strafrecht Anwendung.
Allgemeine Bestimmungen des StGB FN12
§ 2. Die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches über Verbrechen, Vergehen und Übertretungen (Art. 1 bis 110 StGB) FN12 finden auf das kantonale Strafrecht Anwendung.
Für leichte Übertretungen des kantonalen Rechtes kann jedoch an Stelle der Busse ein Verweis ausgesprochen werden.
Strafbestimmungen anderer Gesetze
§ 3. Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches über dessen Verhältnis zu den Vorschriften der übrigen Bundesgesetze (Art. 333 und 334 StGB) FN12 finden sinngemäss auch auf das kantonale Recht Anwendung.
2. Abschnitt: Besondere Bestimmungen
Steuerstrafrecht
§ 4. Die Strafbestimmungen des Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951 FN9, des Gesetzes über die Billettsteuer vom 16. Dezember 1934 FN11 und des Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom 26. April 1936 FN10 bleiben sowohl in den Vergehens- wie in den Übertretungstatbeständen in Kraft.
Andere Sondergesetze
§ 5. Die in kantonalen Gesetzen und Verordnungen enthaltenen Tatbestände des Übertretungs- und Verwaltungsstrafrechts bleiben unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen in Kraft, soweit sie nach Art. 335 StGB FN12 noch zulässig sind.
Unterlassung der Nothilfe
§ 6. Wer es unterlässt, einem Menschen in Lebensgefahr zu helfen, obschon es ihm den Umständen nach zugemutet werden kann,
wer andere davon abhält, Nothilfe zu leisten oder sie dabei stört,
wird mit Busse oder mit Haft bestraft.
Unterlassung von Anzeigen
§ 7. Wer in der Notwehr oder in einem Notstand einen Menschen getötet oder schwer verletzt hat und es unterlässt, den Vorfall sofort einer Behörde anzuzeigen, wird mit Busse bestraft.
Ausbeutung der Leichtgläubigkeit
§ 8. Wer gewerbsmässig die Leichtgläubigkeit der Leute durch Wahrsagen, insbesondere Traumdeuten, Kartenschlagen, durch Geisterbeschwören oder Anleitung zum Schatzgraben ausbeutet,
wer sich öffentlich zur Ausübung solcher Künste anbietet,
wird mit Busse oder Haft bestraft.
Ruhestörung, Trunkenheit
§ 9. Wer durch Lärm oder Geschrei die Nachtruhe in grober Weise stört,
wer im Zustand der Betrunkenheit öffentlich Sitte und Anstand in grober Weise verletzt,
wird mit Busse oder mit Haft bestraft.
Schreckung der Bevölkerung
§ 10. Wer die Bevölkerung wissentlich durch falsche Nachrichten in Angst und Schrecken versetzt,
wer eine Menschenmenge ohne Grund, namentlich durch falschen Feueralarm, erschreckt,
wird mit Haft oder Busse bestraft.
Handelt der Täter fahrlässig, so wird er mit Busse bestraft.
Landstreicherei, Bettel
§ 11. Wer aus Arbeitsscheu mittellos im Lande herumzieht,
wer aus Arbeitsscheu bettelt oder Kinder oder Personen, die von ihm abhängig sind, zum Bettel ausschickt,
wird mit Haft bestraft.
Dem Täter kann gemäss Art. 53 StGB FN12 die elterliche Gewalt entzogen werden. Ist der Täter ein Ausländer, so kann neben der Hauptstrafe auf Landesverweisung (Art. 55 StGB) FN12 erkannt werden.
Vermummungsverbot
§ 11 a. FN17 Wer sich bei bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenansammlungen auf öffentlichem Grund unkenntlich macht, wird mit Haft oder Busse bestraft. Die Untersuchung und Beurteilung der Übertretung steht dem Statthalteramt zu.
Es können Ausnahmen bewilligt werden.
Beschädigung von Bekanntmachungen
§ 12. Wer öffentlich angeschlagene amtliche Bekanntmachungen oder mit behördlicher Bewilligung angebrachte Plakate widerrechtlich wegnimmt, abreisst, entstellt oder besudelt, wird mit Busse oder mit Haft bestraft.
§ 13. Wer, ohne dazu berechtigt zu sein, behördliche Stempel bestellt,
Unbefugtes Bestellen, Herstellen und Liefern von Stempeln
wer, obgleich die Berechtigung des Bestellers zweifelhaft oder der Zweck verdächtig ist, Stempel von Behörden oder Firmen anfertigt oder liefert,
wird mit Haft oder mit Busse bestraft.
Verbrecherwerkzeug
§ 14. Wer Diebes- und Mordwerkzeug in Gewahrsam hat oder von einem andern verwahren lässt oder es einem andern überlässt, obwohl er weiss oder damit rechnen muss, dass das Werkzeug zur Verwendung bei Diebstahl, Raub oder Tötung bestimmt ist, wird, wenn die Tat nicht nach andern Vorschriften mit schwerer Strafe bedroht ist, mit Haft oder Busse bestraft. Die Werkzeuge sind einzuziehen.
Waffenhandel und Waffentragen
§ 15. Der Regierungsrat erlässt, unter Vorbehalt der Militärgesetzgebung, durch Verordnung die im öffentlichen Interesse und zum Schutze des Publikums gebotenen Vorschriften über den Handel mit Waffen und Munition, über den Waffenbesitz und das Waffentragen FN8.
Wer diesen Vorschriften zuwiderhandelt, wird mit Busse oder mit Haft bestraft.
Die Verordnung des Regierungsrates bedarf der Genehmigung durch den Kantonsrat.
II. Teil: Der Vollzug von Strafen und Massnahmen
1. Abschnitt: Anordnung des Vollzuges
Zuständigkeit, Grundsatz
§ 16. FN16 Der Regierungsrat bezeichnet unter Vorbehalt besonderer Bestimmungen die für den Vollzug von Strafurteilen und Strafbefehlen zuständige Behörde.
Nebenstrafen
§ 17. Die Vollzugsbehörde erlässt die erforderlichen Anordnungen und Mitteilungen für den Vollzug der Nebenstrafen. Das Statthalteramt am Wohnsitz des Verurteilten vollzieht das Wirtshausverbot.
Bussen, Übertretungsstrafen
§ 18. Die Zuständigkeit für den Bussenvollzug wird, unter Vorbehalt von § 22, durch gemeinsame Verordnung des Regierungsrates und des Obergerichts geregelt.
Haftstrafen der Verwaltungsbehörden, welche nicht gerichtlich beurteilt worden sind, vollziehen die Bezirksanwaltschaften.
Der Vollzug der durch Umwandlung einer Busse angeordneten Haft unterbleibt, wenn der Gebüsste die Busse vor Antritt der Haftstrafe bezahlt.
Ordnungsbussen im Strassenverkehr
§ 19. Die von den Polizeiorganen erhobenen bundesrechtlichen Ordnungsbussen im Strassenverkehr fallen demjenigen Gemeinwesen zu, dessen Polizeikorps sie erhoben hat. Wird das ordentliche Strafverfahren durchgeführt, so gelten die allgemeinen Vorschriften für die Übertretungsstrafen.
Massnahmenvollzug
§ 20. Die Justizdirektion vollzieht Urteile und Einstellungsverfügungen, in denen Massnahmen nach Art. 42-44 und 100 FNbis StGB FN12 angeordnet sind. Sie trifft die anschliessenden, vom Bundesrecht der zuständigen Behörde übertragenen Entscheide.
Gegen einen nach Ablauf der gesetzlichen Mindestdauer einer Massnahme getroffenen Entscheid der Justizdirektion, durch welchen die bedingte oder probeweise Entlassung aus einer Anstalt abgewiesen wird, steht dem Eingewiesenen der Rekurs an das Gericht zu, welches die Massnahme rechtskräftig angeordnet hat. An die Stelle des Geschworenengerichts tritt die Anklagekammer des Obergerichts. §§ 404 ff. der Strafprozessordnung sind anwendbar. FN15
Bedingte Entlassung bei Freiheitsstrafen
§ 21. Die Justizdirektion ist zuständig für die bedingte Entlassung bei Freiheitsstrafen und die anschliessenden Entscheide, welche das Bundesrecht nicht dem Richter überträgt.
Richterliche Entscheide
§ 22. Entscheide nach der Urteilsfällung, welche das Bundesrecht dem Richter überträgt, fällt die Behörde, welche das Urteil, den Strafbefehl oder die Strafverfügung rechtskräftig erlassen oder bestätigt hat.
Die Begehren sind schriftlich zu stellen und zu begründen. Die Anklagebehörde ist Partei. Die Justizdirektion kann an ihre Stelle treten, wenn sie das Urteil vollzieht.
Vollzugsbeginn bei Freiheitsentzug
§ 23. Eine vollstreckbare Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Massnahme ist sofort zu vollziehen, wenn Fluchtgefahr oder eine erhebliche Gefährdung des Massnahmezweckes oder der Öffentlichkeit besteht.
In den übrigen Fällen erlässt die Vollzugsbehörde einen Strafantrittsbefehl. Wenn besondere Umstände es rechtfertigen, kann sie einen Aufschub bewilligen.
Auf Gesuch des Opfers einer Straftat, durch welche dieses in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist, wird es von der Vollzugsbehörde über den Straf- und Massnahmenantritt des Verurteilten, seine Beurlaubung und über seine Entlassung orientiert. Von dieser Mitteilung wird dem Verurteilten keine Kenntnis gegeben. FN18
Sicherheitshaft
§ 24. Sind die Voraussetzungen von § 23 Abs. 1 gegeben, so kann die Vollzugsbehörde den Verurteilten vor der Einweisung in eine Vollzugsanstalt in Sicherheitshaft setzen.
Strafregister
§ 25. Das kantonale Strafregister wird bei der Polizeidirektion geführt. Der Regierungsrat erlässt eine Verordnung FN4.
Löschungen, welche das Bundesrecht nicht dem Registerführer zuweist, ordnet die nach § 22 zuständige Stelle an. Über die Löschung ausländischer Entscheide befindet das Obergericht.
Übernahme und Abtretung des Vollzuges
§ 26. Die Justizdirektion kann den Vollzug von Strafen und Massnahmen auswärtiger Behörden übernehmen und ihn an solche übertragen, wenn dies im Interesse des Betroffenen, seiner Angehörigen oder der Öffentlichkeit liegt. Die vom Bundesrecht nicht dem Richter vorbehaltenen Entscheidungsbefugnisse können gleichfalls abgetreten oder übernommen werden.
Der Bussenbezug in andern Kantonen erfolgt direkt durch die Vollzugsbehörde.
Rechtsmittel
§ 27. Die Vollzugsanordnungen der Untersuchungs- und Anklagebehörden sowie der Gerichte sind mit Rekurs gemäss Strafprozessordnung FN3 anfechtbar.
Die Anordnungen der Verwaltungsbehörden sind an die vorgesetzten Behörden weiterziehbar. Die Bestimmungen der Strafprozessordnung FN3 finden Anwendung.
Beruht die Umwandlung einer Busse in Haft nicht auf einem gerichtlichen Entscheid, kann der Betroffene gerichtliche Beurteilung bei der Behörde verlangen, welche er zur Beurteilung des Bussenentscheides hätte anrufen können.
Strafvollzugskommission
§ 28. Der Regierungsrat bestellt eine Strafvollzugskommission, die sich aus Sachverständigen und Vertretern des öffentlichen Lebens zusammensetzt. Sie berät den Regierungsrat und dessen zuständige Direktion in den wesentlichen Fragen des Vollzugs- und Anstaltswesens. Die Behandlung einzelner Sachgebiete kann Ausschüssen übertragen werden.
2. Abschnitt: Durchführung des Vollzuges
Vollzugseinrichtungen
§ 29. Der Regierungsrat vollzieht die Vorschriften des Bundesrechtes und die Anordnungen der Bundesbehörden über den Vollzug von Strafen und Massnahmen. Er bestimmt durch Verordnung FN7 die Anstalten für die einzelnen Straf- und Massnahmearten.
Er erlässt die erforderlichen Vorschriften für die Fälle vermehrter Freiheitsgewährung, welche das Bundesrecht zulässt, und für die ambulante Behandlung.
Er kann im Rahmen von Art. 384 StGB FN12 mit privaten Anstalten Vereinbarungen über den Vollzug von Massnahmen treffen und dabei Bestimmungen im Sinne der §§ 30 und 31 erlassen.
Vollzugsgrundsätze
§ 30. Der Regierungsrat erlässt durch Verordnung FN6 Bestimmungen über die Führung der Anstalten, die Rechte und Pflichten der Eingewiesenen und den Vollzug von Freiheitsstrafen und Massnahmen nach den Bestimmungen des Bundesrechtes und unter Beachtung der folgenden Vollzugsgrundsätze:
1. Der Vollzug der Freiheitsstrafen und Massnahmen ist als Hilfe für die Eingliederung des Eingewiesenen in die Gesellschaft zu gestalten.
Der Eingewiesene hat daran mitzuwirken, das Vollzugsziel zu erreichen.
2. Die menschliche Würde des Eingewiesenen ist zu achten und zu schützen. Beim Vollzug sind unnötige Einschränkungen, die sich nicht aus dem Freiheitsentzug selbst ergeben, zu unterlassen.
3. Bei längerem Freiheitsentzug ist der Eingewiesene beim Eintritt und, wenn erforderlich, auch später durch Fachkräfte daraufhin zu prüfen, mit welchen Förderungsmassnahmen und Behandlungen das Vollzugsziel erreicht werden kann.
4. Dem Eingewiesenen ist eine angemessene Entschädigung für seine Arbeitsleistungen auszurichten. Diese Entschädigung ist für seine Bedürfnisse in der Anstalt sowie nach Möglichkeit zur Erfüllung seiner Verpflichtungen und zur Bildung einer Reserve für den Übergang in die Freiheit zu verwenden.
5. Dem Eingewiesenen kann in geeigneten Fällen die Selbstbeschäftigung gestattet werden, insbesondere zur beruflichen Umschulung und Weiterbildung.
6. Der Verkehr mit der Aussenwelt, insbesondere mit Ehegatten, Angehörigen und anderen geeigneten Personen, ist zu fördern; wenn es verantwortbar ist, wird er ohne Überwachung gestattet.
Behördemitglieder, Vormünder und Sozialarbeiter können mit dem Eingewiesenen in der Regel unbeaufsichtigt verkehren.
7. Die in der Verordnung aufzuführenden Disziplinarmassnahmen als Rechtsfolgen schuldhafter Pflichtverletzung sind auf die Erreichung des Vollzugszweckes auszurichten. Körperliche Einwirkungen, Dunkelarrest und ungenügende Ernährung sind ausgeschlossen. Arrest soll nur wegen schwerer oder wiederholter Verfehlungen verhängt werden.
Vorbehalte
§ 31. Bei der Anwendung der Vollzugsgrundsätze von § 30 bleiben die Verfolgung des Straf- und Massnahmezweckes, der Schutz des Anstaltspersonals und der Miteingewiesenen sowie die Gebote der öffentlichen Sicherheit in jedem Falle vorbehalten.
In Kliniken können die Eingewiesenen nicht mehr Rechte als die übrigen Insassen beanspruchen.
Ausbildung des Vollzugspersonals
§ 32. Dem Vollzugspersonal wird die erforderliche Fachausbildung vermittelt. Der Regierungsrat trifft die nötigen Anordnungen.
Der Kanton kann besondere Fachschulen für das Vollzugspersonal errichten.
Interkantonale Vereinbarungen
§ 33. Der Regierungsrat kann mit andern Kantonen Vereinbarungen treffen FN7
a) über den gemeinsamen Bau und Betrieb von Anstalten des Straf- und Massnahmenvollzuges, insbesondere einer sozialtherapeutischen Anstalt, sowie von Ausbildungsstätten für das Vollzugspersonal. Das Ausgabenbewilligungsrecht des Kantonsrates und der Stimmberechtigten bleibt vorbehalten;
b) über den Vollzug bestimmter Straf- und Massnahmenarten in ausserkantonalen Anstalten und die Übernahme des Vollzuges ausserkantonaler Strafen und Massnahmen. In den Vereinbarungen ist dahin zu wirken, dass beim Vollzug von Strafurteilen des Kantons Zürich in ausserkantonalen Anstalten die Vollzugsgrundsätze von § 30 zur Anwendung gelangen.
Fürsorge, Schutzaufsicht
§ 34. Dem Sozialdienst der Justizdirektion obliegt
a) die fürsorgerische Betreuung der Verurteilten und ihrer Familien, soweit nicht andere Stellen heranzuziehen sind;
b) die Ausübung der Schutzaufsicht im Sinne des Strafgesetzbuches FN12.
Die Beamten des Sozialdienstes können den Schutzbefohlenen im Vollzugsverfahren vertreten und selbständige Anträge stellen. Sie können Vormundschaften über Straffällige führen.
Der Sozialdienst kann zur Erfüllung dieser Aufgaben Privatpersonen und private Vereinigungen heranziehen. Verträge mit letztern bedürfen der Genehmigung des Regierungsrates.
Der Sozialdienst kann Fürsorgeaufgaben an ihm entsprechende ausserkantonale Stellen abgeben und von ihnen übernehmen.
Der Regierungsrat regelt das Nähere durch Verordnung FN5.
Verkehr mit Verteidigern
§ 35. Dem Strafgefangenen und dem zum Vollzug einer Massnahme in eine Anstalt Eingewiesenen ist der unbeaufsichtigte Verkehr mit Rechtsanwälten, die ein schweizerisches Patent besitzen, und den nach § 371 StPO FN3 gerichtlich bestellten Verteidigern gestattet. Vorbehalten bleibt § 18 StPO FN3. Bei Missbrauch kann die Anstaltsleitung den unbeaufsichtigten Verkehr untersagen.
Rechtsmittel
§ 36. Gegen die Beamten, Angestellten und Mitarbeiter der Anstalten und der anderen von diesem Abschnitt erfassten Stellen kann bei deren Leitung mündlich oder schriftlich Beschwerde erhoben werden.
Gegen Anordnungen und Entscheide der Anstaltsleitung steht dem Betroffenen der Rekurs an die vorgesetzte Behörde offen. Der Entscheid der letzteren ist im Kanton nicht weiterziehbar. Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz FN2.
3. Abschnitt: Die Vollzugskosten
Strafvollzugskosten
§ 37. Die Kosten des Vollzuges von Freiheitsstrafen mit Einschluss der durch Urteil auf die Freiheitsstrafe angerechneten Untersuchungs- und Sicherheitshaft samt den Nebenkosten trägt der Staat; § 30 Ziffer 4 bleibt vorbehalten. Der Verurteilte kann bei günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen ganz oder teilweise zum Ersatz verpflichtet werden. Die zuständige Direktion des Regierungsrates entscheidet darüber auf Antrag der Bezirksanwaltschaft. Der Kostenbezug erfolgt durch die Gerichtskasse der ersten Instanz.
Massnahmekosten
§ 38. Die Kosten des Vollzuges von Massnahmen samt den Nebenkosten trägt der Staat; § 30 Ziffer 4 bleibt vorbehalten. Versicherungsleistungen werden zur Kostendeckung verwendet. Der Verurteilte und, solange er minderjährig ist, seine Eltern sind bei günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen ganz oder teilweise zum Ersatz verpflichtet. Die zuständige Direktion des Regierungsrates verpflichtet auf Grund der Abklärungen und des Antrages der Bezirksanwaltschaft die Betroffenen zur Bezahlung. . . . FN13
Interkantonale Vereinbarungen
§ 39. Der Regierungsrat ist ermächtigt, mit andern Kantonen Vereinbarungen über die Aufteilung der Kosten abzuschliessen.
Verfahren
§ 40. Auf die Anordnungen dieses Abschnittes findet das Verwaltungsrechtspflegegesetz FN2 Anwendung.
4. Abschnitt: Besondere Vorschriften über den Vollzug bei Kindern und Jugendlichen
Zuständigkeit
a) allgemein
§ 41. Der Vollzug der Urteile und Erziehungsverfügungen obliegt dem Jugendanwalt, soweit nicht besondere Vorschriften bestehen. Er zieht die Organe der Jugendhilfe bei, namentlich wenn sie sich mit dem Fall schon befasst haben. Er kann die Schutzaufsicht und die Erziehungshilfe den Organen der Jugendhilfe oder geeigneten Vereinigungen und Privatpersonen übertragen.
Der Jugendanwalt kann den Vollzug des Schularrestes der zuständigen Schulpflege übertragen.
b) Entscheide der urteilenden Behörde
§ 42. Wo das Bundesrecht den Vollzugsentscheid einer urteilenden Behörde verlangt, ist jene Behörde zuständig, welche erstinstanzlich das Urteil oder die Erziehungsverfügung erlassen hat.
Strafen und Massnahmen, welche nicht Gegenstand einer Erziehungsverfügung des Jugendanwaltes sein können, stehen dem Jugendgericht zu.
Rechtsmittel
§ 43. Gegen Entscheide im Vollzugsverfahren ist der Rekurs zulässig, gegen Entscheide des Jugendanwaltes als urteilende Behörde die Einsprache nach § 384 Abs. 2 StPO FN3.
Strafvollzugskosten
§ 44. Die Kosten des Vollzuges der Strafen trägt der Staat. Der Verurteilte und seine Eltern können auf Antrag der Jugendanwaltschaft von der zuständigen Direktion des Regierungsrates ganz oder teilweise zum Ersatz der Kosten verpflichtet werden, wenn sie sich in günstigen Verhältnissen befinden. Die Kosten werden von der Gerichtskasse der ersten Instanz bezogen.
Massnahmenvollzugskosten
§ 45. Die Kosten des Massnahmenvollzuges trägt der Staat. Versicherungsleistungen werden zur Kostendeckung verwendet. Die zuständige Direktion des Regierungsrates erhebt auf Grund der Abklärungen und des Antrages der Jugendanwaltschaft vom Verurteilten und seinen Eltern angemessene Ersatzleistungen.
Verordnung
§ 46. Der Regierungsrat kann über die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen, insbesondere über den Schularrest, die Arbeitsleistung, die Einschliessung, den Massnahmenvollzug, die Erziehungshilfe und die Schutzaufsicht, Verordnungen erlassen.
5. Abschnitt: Ergänzende Bestimmungen
Stellvertretender Vollzug bundesrätlicher Befugnisse
§ 47. Der Regierungsrat kann durch Verordnung Bestimmungen über die Gegenstände erlassen, für welche das Strafgesetzbuch FN12 eine Verordnungskompetenz des Bundesrates begründet, soweit dieser keine Vorschriften erlässt.
Einführungs-, Übergangs- und Schlussbestimmungen
1. Dieses Gesetz tritt, sofern die Stimmberechtigten es annehmen, nach der amtlichen Veröffentlichung des Kantonsratsbeschlusses über die Erwahrung auf den vom Regierungsrat zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft. Art. 32 Abs. 2 des bisherigen EG zum StGB bleibt bis zur gesonderten Aufhebung durch den Regierungsrat in Kraft FN14.
2. Das Gesetz findet auch auf Verfahren Anwendung, die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens rechtshängig sind.
Die Dauer der Fristen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens laufen, richten sich nach bisherigem Recht.
3. Die Zuständigkeit der Instanz, bei welcher ein Verfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens rechtshängig ist, beurteilt sich nach bisherigem Recht.
Für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels und für die aufschiebende Wirkung ist der Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Entscheides massgebend.
4. Der Kantonsratsbeschluss vom 5. April 1948 über die Errichtung eines kantonalen Schutzaufsichtsamtes wird aufgehoben.
__________
FN1 OS 45, 132 und GS II, 687.
FN2 175.2.
FN3 321.
FN4 331.5.
FN5 332.
FN6 333.1, 333.3, 338.11.
FN7 334.
FN8 552.2.
FN9 631.1.
FN10 632.1.
FN11 632.3, heute aufgehoben.
FN12 SR 311.0.
FN13 Letzter Satz aufgehoben durch Sozialhilfegesetz vom 14. Juni 1981 (OS 48, 197). In Kraft seit 1. Januar 1982 (OS 48, 264).
FN14 Aufgehoben 30. Mai 1984 (OS 49, 71).
FN15 Eingefügt durch Strafprozessordnung vom 1. September 1991 (OS 51, 851). In Kraft seit 1. Juli 1992 (OS 52, 23).
FN16 Fassung gemäss Strafprozessordnung vom 1. September 1991 (OS 51, 851). In Kraft seit 1. Juli 1992 (OS 52, 23).
FN17 Eingefügt durch KRB vom 12. März 1995 (OS 53, 175). In Kraft seit 1. Juli 1995 (OS 53, 177).
FN18 Eingefügt durch EG zum Opferhilfegesetz vom 25. Juni 1995 (OS 53, 225). In Kraft seit 1. Januar 1996 (OS 53, 251).