Studienbeitragsverordnung
für die höheren Lehranstalten
(vom 10.Mai 1989) FN1
Der Regierungsrat,
gestützt auf § 243 des Unterrichtsgesetzes vom 23. Dezember 1859 FN2,
beschliesst:
I. Allgemeines
Grundsatz
§ 1. Studienbeiträge sind dazu bestimmt, die durch eine Ausbildung auf Mittel- oder Hochschulstufe bedingten Studien- und Lebenskosten ganz oder teilweise zu decken.
Studienbeiträge werden in der Regel als Stipendien, ausnahmsweise als Studiendarlehen oder als Druckkostenbeiträge an Dissertationen ausgerichtet.
Stipendien
§ 2. Stipendien sind Studienbeiträge ohne Rückerstattungspflicht.
Die Stipendienempfänger werden jedoch darauf hingewiesen, dass von ihnen eine gänzliche oder teilweise Rückerstattung erwartet wird, wenn sie sich später in guten finanziellen Verhältnissen befinden.
Solche Rückerstattungen werden dem Stipendienfonds der höheren Lehranstalten gutgeschrieben.
Studiendarlehen
§ 3. Wo besondere Umstände, wie die finanziellen Verhältnisse des Bewerbers bzw. seiner Angehörigen oder sein Bildungsstand, die Ausrichtung von Stipendien nicht oder nur teilweise erlauben, können unverzinsliche Darlehen gewährt werden.
Studiendarlehen sind spätestens fünf Jahre nach Ablauf der letzten Bezugsperiode zurückzuzahlen. Besondere Vertragsbestimmungen und insbesondere eine ausnahmsweise frühere Fälligkeit oder ein Erlass bzw. eine zinspflichtige Stundung der Rückzahlung bleiben vorbehalten.
Druckkostenbeiträge
§ 4. An die Druckkosten sehr guter Dissertationen oder guter Dissertationen mit hohen Druckkosten können Beiträge ausgerichtet werden.
II. Voraussetzungen
Stipendienrechtlicher Wohnsitz
§ 5. Studienbeiträge werden in der Regel nur an Bewerber ausgerichtet, die ihren stipendienrechtlichen Wohnsitz im Kanton Zürich haben.
Der stipendienrechtliche Wohnsitz eines Bewerbers befindet sich unter Vorbehalt von Abs. 3 und 4 am zivilrechtlichen Wohnsitz des letzten Inhabers der elterlichen Gewalt oder am Sitz der zuletzt zuständigen Vormundschaftsbehörde.
Der stipendienrechtliche Wohnsitz im Kanton Zürich wird auch anerkannt, wenn der mündige Bewerber nach Abschluss der Erstausbildung und vor Beginn der Ausbildung, für die er Studienbeiträge verlangt, während mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Kanton wohnhaft und durch eigene Erwerbstätigkeit finanziell unabhängig war.
Dabei darf er nicht gleichzeitig eine andere Ausbildung absolviert und diese Karenzfrist danach, aber vor Ausbildungsbeginn, nicht auch noch in einem andern Kanton erfüllt haben.
Der stipendienrechtliche Wohnsitz im Kanton Zürich wird nicht anerkannt, wenn der mündige Bewerber des zweiten Bildungswegs vor Beginn der Ausbildung, für die er Studienbeiträge verlangt, mindestens zwei Jahre in einem anderen Kanton wohnhaft und erwerbstätig war und diese Karenzfrist danach, aber vor Ausbildungsbeginn, nicht auch noch im Kanton Zürich erfüllt hat.
Unter besonderen Umständen können Kantonsbürgern auch bei auswärtigem Wohnsitz Studienbeiträge gewährt werden.
Lehranstalt
§ 6. Studienbeiträge werden ausgerichtet:
a) an reguläre Schüler einer öffentlichen zürcherischen Mittelschule oder eines öffentlichen zürcherischen Lehrerseminars, des Technikums Winterthur Ingenieurschule und des Interkantonalen Technikums Rapperswil oder diesen Schulen stipendienrechtlich gleichgestellter Lehranstalten sowie an immatrikulierte Studierende der Universität Zürich und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich;
b) an reguläre Schüler weiterer, stipendienrechtlich anerkannter Lehranstalten der Mittelschul- und Hochschulstufe, wenn der gewünschte Ausbildungsgang nicht an einer öffentlichen Lehranstalt im Kanton Zürich absolviert werden kann oder wenn der Bewerber aus gesundheitlichen oder anderen besonderen Gründen gezwungen ist, eine auswärtige oder private Lehranstalt zu besuchen;
c) für den Besuch einer stipendienrechtlich anerkannten auswärtigen höheren Lehranstalt während einzelner Semester, sofern der Bewerber ein eidgenössisches oder zürcherisches Maturitätszeugnis erworben oder sich an einer öffentlichen zürcherischen Mittelschule oder an einer Hochschule im Kanton Zürich bewährt hat.
Besondere Gründe gemäss Abs. 1 lit. b liegen nicht vor, wenn der Bewerber lediglich den Anforderungen einer öffentlichen zürcherischen Lehranstalt ausweicht.
Für Ausbildungen im Ausland hat der Bewerber in der Regel zudem den Nachweis einer in der Schweiz abgeschlossenen geeigneten Grundausbildung zu erbringen.
Teilzeitausbildungen
§ 7. Für Ausbildungen im Fernkurssystem und an Halbtages- oder Abendschulen können Studienbeiträge nur gewährt werden, wenn dem Bewerber keine ausreichende Erwerbstätigkeit zuzumuten ist.
Beitragsdauer
§ 8. Studienbeiträge werden in der Regel während der ordentlichen oder für eine stipendienrechtlich anerkannte Ausbildungszeit ausgerichtet. Sie können auch bei provisorischer Promotion und bei einer von der Lehranstalt angeordneten Repetition eines Studienjahres oder einer Prüfung gewährt werden. Verlängerungen der Ausbildungsdauer durch ausserordentliche Umstände werden angemessen berücksichtigt.
Studienbeiträge können auch für eine mit dem Betreuer der Dissertation abgesprochene, angemessene Dauer der Vorbereitung auf das Doktorat ausgerichtet werden. Eine Verweigerung oder Beschränkung ist insbesondere dann zulässig, wenn die ordentliche Studiendauer bis zum Lizentiat oder Diplom überschritten wurde.
Beitragsberechtigte Personen
§ 9. FN4 Beitragsberechtigt sind Personen, die das Schweizer Bürgerrecht oder die Niederlassungsbewilligung für Ausländer besitzen oder vom Bund als Flüchtlinge anerkannt sind.
Alter
§ 10. Studienbeiträge werden in der Regel nur ausgerichtet, wenn der Bewerber die gesamte Ausbildung vor dem 40. Altersjahr abschliessen kann.
Beim Vorliegen besonderer Umstände wie etwa der objektiven Unmöglichkeit eines früheren Ausbildungsbeginns oder der Notwendigkeit einer Wiedereingliederung ins Erwerbsleben können auch älteren Bewerbern Studienbeiträge zugesprochen werden.
Ausbildungsstand
§ 11. Studienbeiträge können aufgrund des bereits erreichten Ausbildungsstands eines Bewerbers verweigert werden. Insbesondere werden Drittausbildungen in der Regel nicht gefördert.
Für Zweit- und Postgraduate-Studien und für nichtakademische Zusatzausbildungen werden Studienbeiträge nur unter besonderen Voraussetzungen und in der Regel lediglich als Darlehen gewährt.
Ebenso werden für Ausbildungen im Anschluss an postmaturitäre Ausbildungen in der Regel nur Darlehen ausgerichtet.
Studienbeiträge können auch nach einem begründeten Wechsel der Ausbildungs- oder Studienrichtung gewährt werden. Die Ausrichtung von Studienbeiträgen kann in solchen Fällen beschränkt oder mit Auflagen verbunden werden.
Eignung
§ 12. Die Gewährung von Studienbeiträgen kann von einem Eignungsnachweis oder von einer berufsberaterischen Abklärung abhängig gemacht werden.
Bei offensichtlich ungenügenden Leistungen kann der Studienbeitrag bedingt zugesprochen oder entzogen werden.
Finanzielle Verhältnisse
§ 13. Der Bewerber hat nachzuweisen, dass seine finanziellen Verhältnisse und diejenigen seiner Angehörigen die Ausrichtung von Studienbeiträgen rechtfertigen. Als Angehörige gelten insbesondere Ehegatten, Eltern und Stiefeltern.
Die Weigerung der Eltern oder Stiefeltern, für die Unterhalts- und Ausbildungskosten aufzukommen, wird in der Regel nur berücksichtigt, wenn sich der Bewerber über eine abgeschlossene Erstausbildung oder eine dieser gleichzusetzende Dauer der Erwerbstätigkeit ausweist und die Weigerung schriftlich ausreichend begründet wird.
Leben die Eltern oder Stiefeltern eines Bewerbers des zweiten Bildungsweges in sehr guten finanziellen Verhältnissen, so ist ihr Einkommen und Vermögen auch bei Vorliegen einer Unterhaltsweigerung angemessen zu berücksichtigen.
III. Bemessung
Festsetzung
§ 14. Die Studienbeiträge richten sich nach dem Bedarf und den finanziellen Verhältnissen des Bewerbers und seiner Angehörigen. Der Erziehungsrat erlässt das Zumessungssystem.
Es werden nur notwendige Ausbildungs- und Lebenskosten berücksichtigt. Die Berechnung von Studienbeiträgen für Ausbildungen im Ausland erfolgt nach den gleichen Grundsätzen wie für Ausbildungen in der Schweiz.
Bei Vorliegen besonderer Umstände sind ausnahmsweise Abweichungen vom Zumessungssystem möglich.
Leistungen Dritter
§ 15. Ausbildungsbeiträge Dritter einschliesslich Sozialversicherungsleistungen werden an den kantonalen Studienbeitrag angerechnet.
Davon ausgenommen sind Leistungen, welche der Deckung nachgewiesener, im kantonalen Zumessungsverfahren nicht berücksichtigter, berechtigter Bedürfnisse dienen.
Höchstgrenzen
§ 16. An Studierende einer Hochschule, eines zürcherischen Lehrerseminars mit Ausnahme der Lehramtsschulen, des Technikums Winterthur Ingenieurschule und des Interkantonalen Technikums Rapperswil sowie an Mittelschüler des zweiten Bildungswegs können jährlich Studienbeiträge bis zu Fr. 33 000 ausgerichtet werden.
An Mittelschüler des ersten Bildungswegs können jährlich Studienbeiträge bis zu Fr. 12 000 ausgerichtet werden.
Der Regierungsrat kann diese Höchstbeträge hinaufsetzen, sofern die Teuerung um 15% fortgeschritten ist.
IV. Rückforderung, strafweise Verweigerung und Strafverfolgung
Rückforderung
§ 17. Bereits ausbezahlte Anteile von Studienbeiträgen, auf die ein Anspruch nie bestanden hat oder nicht mehr besteht, werden zurückgefordert und sind innerhalb von drei Monaten zurückzuerstatten. Dabei kann zusätzlich ein angemessener Zins erhoben werden. Eine Umwandlung von Stipendien in Studiendarlehen bleibt vorbehalten.
Studienbeiträge für den vorübergehenden Besuch auswärtiger Lehranstalten können zurückgefordert werden, wenn die betreffende Ausbildung nicht an einer höheren Lehranstalt im Kanton Zürich fortgesetzt wird.
Der Anspruch auf Rückforderung verjährt mit Ablauf von fünf Jahren seit Beendigung der Ausbildung. Für die Unterbrechung der Verjährung gelten sinngemäss die Artikel 135 bis 138 des Obligationenrechts.
Erlass
§ 18. Lassen die Verhältnisse eine Rückerstattung als unzumutbar erscheinen, so kann die Schuld ganz oder teilweise erlassen werden.
Die Rückerstattungsfrist kann auf begründetes Gesuch hin verlängert werden, in der Regel unter Erhebung eines Verzugszinses.
Verweigerung und Straf-verfolgung
§ 19. Werden Studienbeiträge durch unvollständige oder unwahre Angaben erwirkt oder missbräuchlich verwendet, so bleibt eine Verweigerung weiterer Studienbeiträge sowie eine strafrechtliche Verfolgung vorbehalten.
V. Behörden und Verfahren
Stipendienstellen
§ 20. Gesuche um Studienbeiträge für Ausbildungen auf Hochschulstufe werden von der Stipendiatenberatung der Hochschulen, jene für Ausbildungen auf Mittelschulstufe vom Sektor Stipendien der Erziehungsdirektion bearbeitet.
Kommission
§ 21. Der Regierungsrat wählt auf eine Amtsdauer von vier Jahren die Kantonale Kommission für Studienbeiträge.
Sie besteht aus einem Mitglied des Erziehungsrates als Präsident und weiteren vier bis sechs Mitgliedern.
Sie sorgt für eine einheitliche Anwendung der Vorschriften und entscheidet auf Antrag der Stipendienstellen über die Ausrichtung der Studienbeiträge.
Erziehungsrat
§ 22. Der Erziehungsrat erlässt die zur Anwendung dieser Verordnung erforderlichen Ausführungsbestimmungen. Dabei regelt er insbesondere das Verfahren und die Bemessung der Studienbeiträge.
Der Erziehungsrat beurteilt die gegen Entscheide der Kommission gerichteten Rekurse. Das Rekursrecht steht auch der Erziehungsdirektion zu.
Verfahren
§ 23. Studienbeiträge werden in der Regel für ein Jahr oder für ein Semester zugesprochen.
Die Kommission und die Stipendienstellen können Termine und Fristen für die Eingabe der Gesuche festsetzen. Werden diese nicht eingehalten, so werden Studienbeiträge ganz oder teilweise verweigert.
Die Bewerber sind verpflichtet, den Stipendienstellen alle erforderlichen Angaben und Belege zur Verfügung zu stellen. Im Unterlassungsfall muss auf das Gesuch nicht eingetreten werden. Ausserdem sind den Stipendienstellen ein Abbruch oder vorzeitiger Abschluss der Ausbildung sowie Änderungen der persönlichen oder finanziellen Verhältnisse des Bewerbers oder seiner Angehörigen unverzüglich zu melden.
VI. Schlussbestimmung
Inkraftsetzung
§ 24. Diese Verordnung tritt nach Genehmigung durch den Kantonsrat FN3 für die Mittelschulstufe am 1. August 1989 und für die Hochschulstufe am 1. Oktober 1989 in Kraft.
Die Verordnung über die Ausrichtung von Studienbeiträgen an Schüler und Studierende höherer Lehranstalten vom 6. Februar 1974 wird je auf den gleichen Zeitpunkt aufgehoben.
___________
FN1 OS 51, 105.
FN2 410.1.
FN3 Genehmigt am 6. November 1989.
FN4 Fassung gemäss RRB vom 30. November 1994 (OS 53, 120).