Verordnung
über die Gebäudeversicherung
(vom 21.Mai 1975) FN1

Der Regierungsrat beschliesst:

I. Verwaltung und Aufsicht

Direktion
§ 1. Die Direktion führt die Geschäfte der Anstalt und vertritt sie nach aussen.

Schätzungsorgane
a) Erster Kreisschätzer
§ 2. Die Anstalt bezeichnet für jeden Schätzungskreis einen Ersten Kreisschätzer.

Der Erste Kreisschätzer vertritt die Schätzungsorgane im Verkehr mit der Anstalt und sorgt für die Erledigung der Schätzungsaufträge.

Die Direktion des Innern kann im Einvernehmen mit der regierungsrätlichen Kommission für Personal- und Besoldungsfragen für den Rest einer Amtsdauer ausserordentliche Kreisschätzer ernennen. FN4

b) Ausstandspflicht
§ 3. Ein Kreisschätzer hat sich bei Gebäudeschätzungen und Schadenabschätzungen in Ausstand zu begeben,

a) wenn das Gebäude ihm selbst, einem Verwandten oder einer ihm nahestehenden Person gehört;

b) wenn er bei der Bauausführung als Architekt oder Unternehmer beteiligt war oder wenn er in dieser Eigenschaft beim Wiederaufbau des Gebäudes mitwirken soll.

Die Direktion des Innern kann Ausnahmen bewilligen.

c) Dienstanleitung
§ 4. Über die Vornahme der Gebäudeschätzungen und der Schadenabschätzungen erlässt die Anstalt eine Dienstanleitung.

Gemeindeabgeordnete
§ 5. Die Gemeinderäte stellen den Kreisschätzern für die Revisionsschätzungen einen ortskundigen Beamten zur Verfügung.

Aufsichtskommission
§ 6. Die Aufsichtskommission besteht aus dem Direktor des Innern als Präsidenten und sechs weiteren Mitgliedern.

Sie überwacht die Geschäftsführung der Anstalt und prüft den Voranschlag und die Jahresrechnung vor der Abnahme durch den Regierungsrat.

Der Direktor der Anstalt nimmt an den Sitzungen mit beratender Stimme teil. Der Stellvertreter des Direktors führt das Protokoll.

Entschädigungen
§ 7. FN3 Die Entschädigungen der Mitglieder der Aufsichts- und der Rekurskommission sowie der Gemeindeabgeordneten bei Gebäudeschätzungen werden durch den Regierungsrat festgesetzt.

Die Kreisschätzer und die Blitzschutzaufseher werden nach geleisteten Stunden mit einer Besoldung nach den Bestimmungen der Beamtenverordnung und mit einer Aufwandpauschale entschädigt. Diese Entschädigung wird von der Direktion des Innern im Einvernehmen mit der Personalkommission festgelegt.

Für die Statthalter gelten die Vorschriften über den Ersatz der Barauslagen gemäss kantonaler Beamtenverordnung FN2.

II. Versicherungspflicht

Gebäude
§ 8. Versicherungspflichtiges Gebäude ist jedes nicht bewegliche Erzeugnis der Bautätigkeit, das überdacht ist, benutzbaren Raum birgt und als Dauereinrichtung erstellt wurde.

Als Gebäude gelten auch die in Ausführung begriffenen Bauten. Baumaterialien und Bauteile, die noch nicht fest mit dem Gebäude verbunden sind, gehören dagegen zum Mobiliar.

Gebäudeähnliche Objekte
§ 9. Gebäudeähnliche Objekte sind selbständige, nicht bewegliche Erzeugnisse der Bautätigkeit, sofern sie eine ähnliche Wertbeständigkeit wie Gebäude aufweisen und als Dauereinrichtung erstellt sind, wie Brücken, offene Bassins, Klärbecken und Aussichtstürme.

Umfang der Versicherung
a) im allgemeinen
§ 10. Mit dem Gebäude versichert sind bauliche Einrichtungen, die normalerweise zu diesem gehören, im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehen und so befestigt oder angepasst sind, dass sie nicht ohne wesentliche Beschädigung des Gebäudes oder nicht ohne erhebliche Einbusse ihres Wertes entfernt werden können.

Nicht mit dem Gebäude versichert sind:

a) Aushub-, Planierungs- und Umgebungsarbeiten;

b) Arbeiten zur Verstärkung des Baugrundes;

c) bauliche Anlagen und Leitungen ausserhalb des Gebäudes;

d) Mobiliar und betriebliche Einrichtungen.

Nebensachen teilen im Zweifelsfall das Schicksal der Hauptsache.

Vom Mieter oder Pächter erstellte Einrichtungen sind ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse mit dem Gebäude zu versichern, wenn sie die an bauliche Einrichtungen gestellten Anforderungen erfüllen.

b) Wohnhäuser und Wohnungen
§ 11. Bei Wohnhäusern und Wohnungen sind zum Gebäude auch die normalerweise zu diesem gehörenden, im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden Einrichtungen zu rechnen, selbst wenn sie ohne wesentliche Beschädigung des Gebäudes oder ohne erhebliche Einbusse ihres Wertes entfernt werden können.

c) Kollektive Haushaltungen
§ 12. Bei kollektiven Haushaltungen, wie Hotels, Restaurants, Kantinen, Spitäler, Anstalten, Heime, sind zum Gebäude auch die der Unterkunft und Verpflegung dienenden, im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehenden Einrichtungen zu rechnen, selbst wenn sie ohne wesentliche Beschädigung des Gebäudes oder ohne erhebliche Einbusse ihres Wertes entfernt werden können.

d) Industrielle, gewerbliche und landwirtschaftliche Gebäude
§ 13. Bei industriellen, gewerblichen und landwirtschaftlichen Gebäuden, die sowohl aus baulichen wie auch aus betrieblichen Einrichtungen bestehen, umfasst die Gebäudeversicherung nur die ausschliesslich oder vorwiegend baulichen Einrichtungen. Dazu gehören die Wasser-, Luft- und Energieleitungen von der Hauseinführung bzw. vom Erzeuger im Gebäude bis zum nicht betrieblichen Verbraucher.

Die ausschliesslich oder vorwiegend betrieblichen Einrichtungen, insbesondere die dem Betriebe dienenden Maschinen sowie die zugehörigen Leitungen und Steuerungen, sind von der Gebäudeversicherung ausgeschlossen.

Aufnahme in die Versicherung
§ 14. Mit dem Antrag für eine Bauzeitversicherung sind der Anstalt die Pläne und eine Kostenzusammenstellung einzureichen.

Nichtaufnahme in die Versicherung
§ 15. Gebäude mit einem Versicherungswert unter 3000 Franken werden nicht in die Versicherung aufgenommen.

Ausschluss aus der Versicherung
§ 16. Der Ausschluss eines Gebäudes aus der Versicherung und die Androhung dieser Massnahme wird durch die Anstalt verfügt und dem Gemeinderat, dem Grundbuchamt zuhanden allfälliger Grundpfandgläubiger sowie den Kreisschätzern mitgeteilt.

Die für das ausgeschlossene Gebäude bezahlte Jahresprämie wird nicht zurückerstattet.

Wesentliche Änderungen an bestehenden Bauten
§ 17. Änderungen an bestehenden Bauten gelten als wesentlich, wenn sie den Betrag von Fr. 20 000 übersteigen oder mehr als 20% des Versicherungswertes betragen.

Erfüllung der Versicherungspflicht
§ 18. Auf eigenem oder im Baurecht auf fremdem Grundstück erstellte Bauten sind durch den Gebäudeeigentümer, Bauten im Stockwerkeigentum durch den Vertreter der Stockwerkeigentümer bei der Anstalt zu versichern.

Vertretung des Gebäudeeigentümers
§ 19. Die Anstalt kann verlangen, dass Gebäudeeigentümer, die nicht im Kanton wohnen oder längere Zeit abwesend sind, für den Verkehr mit ihr einen Stellvertreter mit Vollmacht bezeichnen.

III. Schätzung und Versicherungswerte

Einzelschätzungen
a) Anordnung
§ 20. Nach Eingang des Schätzungsgesuches stellt die Anstalt dem Ersten Kreisschätzer das Schätzungsprotokoll zur Anordnung der Schätzung zu.

b) Durchführung
§ 21. Der Erste Kreisschätzer beauftragt mit der Durchführung der Schätzung in der Regel einen Kreisschätzer.

Der Schätzungstermin ist den Gebäudeeigentümern frühzeitig bekanntzugeben.

Der Schätzungsauftrag ist innert 20 Tagen zu erledigen.

§ 22. Der Gebäudeeigentümer hat den Schätzungsorganen im ganzen Gebäude freien Zutritt zu gewähren.

Seine Abwesenheit hindert die Vornahme der Schätzung nicht.

c) Kosten
§ 23. FN5 Die Gebühren für Neu- und Einzelschätzungen betragen Fr. 20 bis Fr. 3000 pro Gebäude. Bei ausserordentlichem Arbeitsaufwand kann die Gebühr bis zum doppelten Betrag erhöht werden.

Revisionsschätzungen
a) Anordnung
§ 24. Die Reihenfolge der Gemeinden und die Anzahl der Schätzungstage für die Revisionsschätzungen wird durch die Anstalt festgesetzt.

b) Durchführung
§ 25. Der Erste Kreisschätzer hat die Schätzungsdaten festzulegen und diese der Anstalt sowie dem Gemeinderat zuhanden seines Abgeordneten mitzuteilen. Er beauftragt mit der Durchführung der Schätzungen in der Regel zwei Kreisschätzer.

§ 26. Der Gemeindeabgeordnete hat die einzelnen Schätzungen innerhalb der festgelegten Schätzungsdaten zu vertagen und den Gebäudeeigentümern oder dessen Bevollmächtigten schriftlich zu benachrichtigen.

Die Vertagungen dürfen nur ausnahmsweise geändert werden. Bei Verhinderung des Schätzers oder des Gemeindeabgeordneten tritt sein Ersatzmann ein.

§ 22 ist auf Revisionsschätzungen entsprechend anwendbar.

Anpassung der Versicherungswerte bei Änderung der Baukosten
§ 27. Die Anstalt passt die Versicherungswerte für das nächste Geschäftsjahr dem neuen Stand der Baukosten an, wenn sich diese seit der letzten Anpassung um mehr als 5% verändert haben.

Versicherung ohne Schätzung
§ 28. Neu- und Umbauten im Werte bis Fr. 10 000 können ohne Schätzung versichert werden.

Gebäudekataster
§ 29. Die Anstalt führt über die versicherten Gebäude einen Kataster.

Über die im Kataster eingetretenen Änderungen erhalten die Gemeinden und Grundbuchämter kostenlos von der Anstalt Mitteilung.

Die Grundbuchämter haben der Anstalt kostenlos alle Handänderungen von Gebäuden unter Angabe des Kaufpreises zu melden und die von ihr verlangten Grundbuchauszüge zu erstellen.

Gebäudenumerierung
§ 30. Die Gemeinden haben die Gebäude im Einvernehmen mit der Anstalt mit Nummernschildern zu versehen. Sie können hiefür dem Gebäudeeigentümer die Selbstkosten verrechnen.

Die Anstalt liefert für neue Gebäude einheitliche Nummernschilder. Gemeinden, die andere Nummernschilder benutzen, wird höchstens der Preis des Einheitsschildes vergütet.

Die Kreisschätzer haben bei ihren Schätzungen auf die richtige Gebäudenumerierung zu achten und jeden Mangel im Protokoll zu vermerken. Der Gemeinderat beseitigt den Mangel unter Mitteilung an die Anstalt.

IV. Ermittlung des Schadens

Schätzungsorgane
§ 31. Schäden bis Fr. 10 000 werden von einem Kreisschätzer, Schäden von Fr. 10 000 bis Fr. 50 000 von einem Kreisschätzer und dem Statthalter und Schäden von mehr als Fr. 50 000 von der Schätzungskommission abgeschätzt.

Die Abschätzung von Blitzschäden bis Fr. 2000 erfolgt durch den Blitzschutzaufseher.

Abschätzungsverfahren
a) Vertagung
§ 32. Die gemeldeten Schäden werden im Bezirk Zürich ohne Rücksicht auf deren Höhe von der Anstalt und in den übrigen Bezirken bis zum Betrage von Fr. 10 000 vom Statthalter an den Ersten Kreisschätzer bzw. den Blitzschutzaufseher zur Vertagung der Abschätzung weitergeleitet; die Vertagung von Schäden über Fr. 10 000 erfolgt durch den Statthalter im Einvernehmen mit dem Ersten Kreisschätzer.

Von der Vertagung von Fällen über Fr. 50 000 hat der Statthalter der Anstalt Kenntnis zu geben.

b) Einladung des Geschädigten
§ 33. Der Geschädigte ist zur Abschätzung einzuladen. Das Nichterscheinen des Geschädigten hindert die Vornahme der Schätzung nicht.

Der Abschätzung kann ein Beamter der Anstalt beiwohnen.

c) Stellungnahme zum Schätzungsergebnis
§ 34. Die Erklärung des Geschädigten, ob er mit dem Schätzungsergebnis einverstanden ist, soll wenn immer möglich auf dem Abschätzungsbericht abgegeben werden.

Weigert sich der Geschädigte, diese Erklärung abzugeben, so haben die Schätzungsorgane dies auf dem Bericht zu vermerken.

d) Abschätzungsberichte
§ 35. Die Schätzungsorgane stellen die Abschätzungsberichte dem Statthalter zu, der sie an die Anstalt zur Anerkennung des Schätzungsergebnisses weiterleitet.

Ermittlung des Verkehrswertes
§ 36. Der Geschädigte, die Gemeindebehörden und die Grundbuchämter sind verpflichtet, der Anstalt, den Kreisschätzern sowie der Rekurskommission auf Anfrage hin die zur Ermittlung des Verkehrswertes erforderlichen Angaben unentgeltlich zu liefern.

Pauschalentschädigung bei Teilschäden
§ 37. Beabsichtigt der Versicherte sein teilweise zerstörtes Gebäude nicht mehr gleich aufzubauen wie bisher, so kann die Entschädigung pauschal festgesetzt werden.

V. Vergütung des Schadens

Bagatellschäden
§ 38. Als Bagatellschäden gelten Schäden unter Fr. 100.

Selbstbehalt
§ 39. Der Selbstbehalt bei Elementar- und Erdbebenschäden beträgt Fr. 500.

Erleidet der Eigentümer an mehreren Gebäuden einen solchen Schaden, so wird der Selbstbehalt nur an den zwei grössten Schäden abgezogen.

In besonderen Fällen kann die Anstalt den Selbstbehalt erlassen.

Kostennachweis
§ 40. Nach Behebung des Schadens hat der Versicherte der Anstalt die Rechnungen über die Wiederherstellung des Gebäudes zur Einsichtnahme einzureichen.

Sind die Wiederherstellungskosten nicht einwandfrei durch Rechnungen ausgewiesen, so ist die Anstalt berechtigt, einen Abzug von der Schadenvergütung zu machen.

Auszahlung
§ 41. Bei Wiederherstellung wird die Entschädigung ausbezahlt, wenn der Schaden behoben und der Kostennachweis geleistet ist. Die Auszahlung der Pauschalentschädigung erfolgt, wenn der Nachweis erbracht ist, dass die Instandstellungskosten mindestens die Pauschale erreichen.

Bei Nichtwiederherstellung erfolgt die Zahlung, wenn der Schadenplatz geräumt ist.

Bei grossen Schäden können nach dem Baufortschritt Teilzahlungen geleistet werden.

Zahlungsempfänger
a) Versicherter
§ 42. Die Auszahlung erfolgt an den Versicherten, wenn das zerstörte oder beschädigte Gebäude wieder vollständig hergestellt ist, ferner wenn das Gebäude nicht verpfändet ist oder wenn die Pfandgläubiger in die Auszahlung einwilligen.

Der Versicherte hat der Anstalt eine entsprechende Bescheinigung des Grundbuchamtes vorzulegen.

b) Grundbuchamt
§ 43. Die Auszahlung erfolgt an das Grundbuchamt zur Ablösung der Pfandrechte, wenn der Eigentümer eines verpfändeten Gebäudes nicht wieder aufbauen will.

Das Grundbuchamt nimmt die erforderlichen Löschungen vor und zahlt den Rest dem Versicherten aus unter Mitteilung an die Anstalt.

Die Hypothekargläubiger sind verpflichtet, die Rückzahlung ohne Rücksicht auf vertragliche Kündigungsfristen anzunehmen.

Verzinsung
§ 44. Schadenvergütungen von mehr als Fr. 20 000 werden vom Tage des Schadenereignisses an bis zur Auszahlung, jedoch längstens für die Dauer eines Jahres bei Teilschäden und von zwei Jahren bei Totalschäden, zum jeweiligen Zinsfuss der Zürcher Kantonalbank für erstrangige Althypotheken auf Wohnbauten ohne Zinseszins verzinst.

Abtragungen
§ 45. Abtragungen von Gebäuden sind der Anstalt zu melden.

VI. Schlussbestimmungen

Inkrafttreten
§ 46. Diese Verordnung tritt auf den 1. Januar 1976 in Kraft.

Aufhebung bisherigen Rechts
Die Verordnung über die Gebäudeversicherung vom 31. Januar 1935 wird auf den gleichen Zeitpunkt aufgehoben.

___________

FN1 OS 45, 433 und GS VI, 668.
FN2 177.11.
FN3 Fassung gemäss RRB vom 23. Oktober 1985 (OS 49, 457). In Kraft seit 1. Januar 1986.
FN4 Eingefügt durch RRB vom 26. November 1986 (OS 49, 844). In Kraft seit 1. Januar 1987.
FN5 Fassung gemäss RRB vom 30. Januar 1991 (OS 51, 373). In Kraft seit 1. März 1991.