Reglement
über die Kautionen im Viehhandel
(vom 16. Oktober 1944) FN1

Die Konferenz des Viehhandelskonkordates,

gestützt auf § 13 Abs. 2 und § 22 Abs. 3 der Interkantonalen Übereinkunft über den Viehhandel vom 13. September 1943 FN2,

beschliesst:
Kautionspflicht und Höhe der Kaution
§ 1. Wer den Viehhandel auf eigene Rechnung betreiben will, hat für sich, seine Angestellten und Beauftragten (Haupt- und Nebenpatentinhaber) eine Kaution zu leisten.

Die Höhe der Kaution richtet sich nach dem voraussichtlichen jährlichen Umsatz. Sie beträgt:

a) für den Handel mit Pferden, Maultieren, Eseln und Grossvieh

bei einem Umsatz bis 20 Stück Fr. 5 000
bei einem Umsatz bis 50 Stück Fr. 10 000
bei einem Umsatz bis 100 Stück Fr. 15 000
bei einem Umsatz bis 200 Stück Fr. 20 000
bei einem Umsatz bis 400 Stück Fr. 30 000
bei einem Umsatz bis 600 Stück Fr. 40 000
bei einem Umsatz über 600 Stück Fr. 50 000
b) für den Handel mit Kleinvieh

bei einem Umsatz bis 50 Stück Fr. 5 000

Im übrigen werden fünf Stück Kleinvieh einem Stück Grossvieh gleichgestellt. Die zuständige kantonale Amtsstelle kann ausnahmsweise eine Gleichstellung von zehn Stück Kleinvieh mit einem Stück Grossvieh verfügen.

Die Amtsstelle, welche das Patent ausstellt, setzt jährlich die Kaution der einzelnen Händler gemäss dieser Skala fest.

Die Haftung der Kaution
§ 2. Die Kaution dient zur Sicherstellung von Ansprüchen gegen den Händler, seine Angestellten und Beauftragten, und zwar

a) für Gebühren, Bussen, Gerichts- und Verwaltungskosten, welche aus einem auf Grund der Interkantonalen Vollziehungsverordnungen über den Viehhandel, der kantonalen Vollziehungsverordnungen dazu, des Bundesgesetzes betr. die Bekämpfung von Tierseuchen und der dazugehörigen eidgenössischen und kantonalen Vollziehungsverordnungen durchgeführten gerichtlichen oder administrativen Verfahren entstanden sind;

b) für Schadenersatzforderungen zufolge schuldhafter Verschleppung von Tierseuchen oder zufolge anderer Verletzung tierseuchenpolizeilicher Bestimmungen;

c) für Forderungen aus nicht erfülltem, nicht richtig erfülltem oder dahingefallenem Kauf- oder Tauschvertrag über Vieh.

Ist der Gläubiger selbst Viehhändler, so entfällt sein Anspruch, falls er seinen Beruf ohne Patent ausübt oder wenn er, als Inhaber eines Patentes, das betreffende Geschäft nicht in seine Viehhandelskontrolle eingetragen hat.

Die Kautionshaftung beginnt mit der Erteilung des Patentes und erlischt mit dem letzteren. Sie beschränkt sich auf Forderungen, welche während dieses Zeitraumes entstanden sind.

Die Form der Kaution
§ 3. Die Kaution ist durch eine zu deren Höhe proportionale Gebühr an die Vorortskasse zu leisten. Der Gebührensatz wird jährlich durch die Konkordatskonferenz festgesetzt.

Die Mitglieder der Kautions-Versicherungs-Genossenschaft des Schweizerischen Viehhändlerverbandes in Chur können ihre Kautionen durch diese Genossenschaft leisten. Das Viehhandelskonkordat übt hierüber die Aufsicht aus. Die Genossenschaft leistet an die Kosten der Aufsicht und Verwaltung des Konkordates einen angemessenen Beitrag.

Zahlungsfähigkeit
§ 3bis. Ist die Zahlungsfähigkeit des Händlers zweifelhaft, insbesondere wenn Betreibungen gegen ihn hängig sind oder vor kurzem hängig waren, wenn auf frühere Kautionen Ansprüche angemeldet worden sind oder wenn die Kautions-Versicherungs-Genossenschaft des Schweiz. Viehhändler-Verbandes die Übernahme der Kaution abgelehnt hat, ist dem Vorort vor Aushändigung des Patentes Gelegenheit zu geben, sich darüber auszusprechen, ob er die Kaution trotzdem übernehmen will.

Lehnt der Vorort die Übernahme der Kaution ab oder macht er dieselbe von zusätzlichen Sicherheiten abhängig, so kann innert zehn Tagen beim Vorstand und gegen dessen Entscheid innert zehn Tagen bei der Konferenz Beschwerde geführt werden.

Wird die Kaution sowohl vom Vorort als auch von der KautionsVersicherungs-Genossenschaft des Schweiz. Viehhändler-Verbandes abgelehnt, so darf ein Patent nur erteilt werden, wenn der Wohnsitzkanton sich verpflichtet, dem Vorort die Hälfte einer allfälligen Leistung aus der Kaution zurückzuerstatten.

Kautionskasse des Vorortes
§ 4. Die Kantone besorgen den Einzug der Kautionsgebühren und vermitteln sie dem Vorort. Dieser deckt daraus die fällig werdenden Ansprüche.

Die Konkordatskonferenz beschliesst über die Verwendung der Betriebsüberschüsse der Kautionskasse

a) zur Deckung der Vewaltungskosten;

b) zur Äufnung eines Reservefonds bis zum Betrage von mindestens 5% der vom Vorort übernommenen Kautionen;

c) zur Förderung der Bekämpfung von Tierseuchen, insbesondere der Aufklärung und der wissenschaftlichen Forschung.

1. Das Verfahren beim Vorort
a) Anmeldung und Verwirkung
§ 5. Ansprüche auf die Kautionen sind bis zum 1. April des folgenden Jahres bei der Amtsstelle anzumelden, die das Hauptpatent ausgestellt hat.

Für nicht rechtzeitig angemeldete Ansprüche erlischt die Haftung der Kaution.

b) Weiterleitung an den Vorort
§ 6. Die Kantone leiten die Anmeldungen an den Vorort weiter. Dieser übermittelt sie gegebenenfalls an die Kautions-VersicherungsGenossenschaft.

Der Vorort eröffnet die Anmeldung dem Händler und veranlasst ihn zur Abgabe einer Erklärung, ob er den Anspruch anerkenne.

Nötigenfalls klärt der Vorort den Tatbestand weiter ab.

c) Voraussetzung der Auszahlung
§ 7. Zahlungen zu Lasten der Kaution erfolgen frühestens nach Ablauf der Anmeldefrist und in der Regel erst, wenn die Berechtigung des Anspruches dem Händler gegenüber durch Gerichtsurteil fest- gestellt und dessen Zahlungsunfähigkeit durch Verlustschein nachgewiesen ist.

Die Übernahme von Bussen erfolgt nur, wenn deren Umwandlung in Haft unmöglich ist (Art. 49 StGB) FN3.

Wenn über die Berechtigung des Anspruchs sowie über die Zahlungsunfähigkeit des Händlers kein Zweifel besteht, kann die Auszahlung vorgenommen werden, ohne dass die Voraussetzungen von Absatz 1 zu erfüllen sind.

d) Entscheid
§ 8. Über die Auszahlung befindet der Vorstand. Gegen seine Beschlüsse kann innert zehn Tagen die Konferenz angerufen werden.

Diese entscheidet endgültig.

e) Rang der Ansprüche
§ 9. Die Gesamtleistung für einen einzelnen Händler darf im gleichen Jahr die Höhe der Kaution nicht übersteigen.

Bei Konkurrenz verschiedener Ansprüche auf die Kaution sind in erster Linie diejenigen des Kantons und des Bundes und in zweiter Linie diejenigen Privater zu decken.

Die im gleichen Rang befindlichen Ansprüche werden, falls die Kaution zur vollständigen Deckung nicht ausreicht, im Verhältnis der Höhe der Ansprüche befriedigt.

f) Mitteilung an die Kantone
§ 10. Der Vorort meldet das Ergebnis des Verfahrens dem Wohnsitzkanton und begutachtet den Fall in bezug auf die weitere Berechtigung zur Ausübung des Viehhandels.

g) Rückforderung
§ 11. Nach erfolgter Zahlung gehen alle Ansprüche Dritter gegen den Händler auf die Kautionskasse des Vororts über.

Diese ist berechtigt, den Händler zur Rückzahlung zu verhalten.

2. Das Verfahren bei der Kautions- Versicherungs-Genossenschaft
§ 12. Auf das Verfahren der Kautions-Versicherungs-Genossenschaft findet § 6 Abs. 2 sowie §§ 7, 9 und 11 sinngemäss Anwendung.

Das Ergebnis des Verfahrens ist dem Vorort zuhanden des Wohnsitzkantons zu melden.

Inkrafttreten
§ 13. Dieses Reglement tritt auf den 1. Januar 1945 in Kraft.

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FN1 OS 40, 1117 und GS VII, 169.
FN2 916.32.
FN3 SR 311.0.