Verordnung
über das Verfahren der Psychiatrischen Gerichtskommission
(vom 28.Januar 1981) FN1
Der Regierungsrat,
gestützt auf § 117 k Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 2. April 1911 FN4,
beschliesst:
A. Allgemeine Bestimmungen
Aufgabe
§ 1. Die Psychiatrische Gerichtskommission entscheidet im Sinne der Bestimmungen über die fürsorgerische Freiheitsentziehung als letzte kantonale Instanz über die Einweisung, Ablehnung des Entlassungsgesuches, Zurückbehaltung oder Rückversetzung einer Person in eine Anstalt (§ 117 k Abs. 1 EG zum ZGB) FN4.
Sitz
§ 2. Die Psychiatrische Gerichtskommission hat ihren Sitz in Zürich.
Wahl
A. Mitglieder
§ 3. Die Psychiatrische Gerichtskommission besteht aus einem rechtskundigen Vorsitzenden, Ärzten, Fachärzten für Psychiatrie und weiteren fachkundigen Personen.
Die Mitglieder, der Vorsitzende der Psychiatrischen Gerichtskommission und dessen Stellvertreter werden auf Antrag der Direktion der Justiz durch den Regierungsrat auf seine Amtsdauer gewählt (§ 117 i Abs. 2 EG zum ZGB) FN4.
Für die Wählbarkeit gilt das Gesetz über die Wahlen und Abstimmungen FN2.
B. Sekretär und Kanzlei
§ 4. Die Sekretäre und das Kanzleipersonal werden auf Antrag des Vorsitzenden der Psychiatrischen Gerichtskommission nach den Bestimmungen des Angestelltenreglements durch die Direktion der Justiz ernannt.
Entschädigung
§ 5. Die Entschädigung des Vorsitzenden, seiner Stellvertreter und der Mitglieder der Psychiatrischen Gerichtskommission legt der Regierungsrat fest.
Aufsicht
§ 6. Die Psychiatrische Gerichtskommission ist in ihrer Rechtssprechung unabhängig und an keine Weisungen gebunden.
Die Aufsicht über den Geschäftsgang der Psychiatrischen Gerichtskommission obliegt der Direktion der Justiz, die Oberaufsicht dem Regierungsrat.
Die Psychiatrische Gerichtskommission hat Ende Jahr der Direktion der Justiz zuhanden des Regierungsrates Bericht über ihre Tätigkeit zu erstatten.
B. Verfahrensbestimmungen
I. Grundsatz
Grundsatz
§ 7. FN9 Soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften des Schweizerischen Zivilgesetzbuches FN6, des Gerichtsverfassungsgesetzes FN3 und der Zivilprozessord-nung FN5.
II. Besetzung und Ausstand
Besetzung
§ 8. An einem Endentscheid der Psychiatrischen Gerichtskommission wirken der Vorsitzende und zwei weitere Mitglieder, von denen mindestens eines Facharzt für Psychiatrie sein muss, mit (§ 117 i Abs. 2 EG zum ZGB) FN4.
Bei Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung, bei Rückzug des Begehrens, bei Anerkennung oder Gegenstandslosigkeit kann der Vorsitzende die Abschreibung des Verfahrens verfügen. Erhebt eine Partei innert 10 Tagen von der schriftlichen Mitteilung an Einsprache, entscheidet die Psychiatrische Gerichtskommission; die Einsprache soll kurz begründet werden.
Ausstand
§ 9. Für den Ausstand gelten die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes FN3.
III. Verfahren
Schriftenwechsel
§ 10. Nach Eingang eines schriftlichen Begehrens um gerichtliche Beurteilung zieht der Vorsitzende der Psychiatrischen Gerichtskommission die Akten bei und veranlasst nötigenfalls deren Ergänzung, insbesondere unter Ansetzung einer kurzen Frist eine Vernehmlassung.
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Vorsorgliche Massnahmen, aufschiebende Wirkung und Bestellung eines Beistandes
§ 11. Unmittelbar nach Erhalt der Akten entscheidet der Vorsitzende über Anträge betreffend vorsorgliche Massnahmen, über Gesuche um Erteilung der aufschiebenden Wirkung eines Begehrens um gerichtliche Beurteilung gemäss Art. 397 e Ziffer 4 ZGB FN6 sowie von Amtes wegen allenfalls über die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Sinne von Art. 397 f. Abs. 2 ZGB FN6.
In dringenden Fällen können diese Entscheide in einem früheren Zeitpunkt getroffen werden.
Referent
§ 12. Der Vorsitzende bezeichnet den Referenten und den Korreferenten. Er trägt dabei der fachlichen Eignung und der Geschäftslast der Mitglieder Rechnung.
... FN7
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Ermittlung des Sachverhaltes
§ 13. FN9 Die Psychiatrische Gerichtskommission stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest.
Der Referent kann zur Vorbereitung und Vereinfachung des Hauptverfahrens und des Beweisverfahrens Beteiligte und Auskunftspersonen befragen, Besichtigungen durchführen und weitere formlose Ermittlungen tätigen.
Hauptverhandlung
A. Ort der Durchführung
§ 13 a. FN8 Die Verhandlung wird in der Regel am Sitz der Psychiatrischen Gerichtskommission durchgeführt.
B. Teilnahme
§ 13 b. FN8 Die betroffene Person ist zu persönlichem Erscheinen verpflichtet.
Der Vorsitzende kann auch andere Personen zu persönlichem Erscheinen verpflichten unter Androhung von Ordnungsbusse im Widerhandlungsfall.
Den Vorinstanzen wird in der Regel das persönliche Erscheinen erlassen. Abs. 2 bleibt vorbehalten.
C. Säumnisfolgen
§ 13 c. FN8 Bleibt der Gesuchsteller ohne genügende Entschuldigung aus, kann Rückzug seines Begehrens angenommen und das Verfahren als dadurch erledigt abgeschrieben werden.
Bleibt der Gesuchsgegner ohne genügende Entschuldigung aus, ist er mit weiteren Vorbringen ausgeschlossen.
D. Befragung
§ 13 d. FN8 In der mündlichen Hauptverhandlung wird die betroffene Person im Sinne von Art. 397f. Abs. 3 ZGB FN6 angehört.
E. Parteivorträge
§ 13 e. FN8 Der Gesuchsteller hat zur Begründung seines Begehrens, soweit er dazu in der Lage ist, den ersten Vortrag, der Gesuchsgegner zur Beantwortung den zweiten Vortrag.
Weitere Vorträge werden nur aus zureichenden Gründen gestattet.
F. Ergänzung
§ 13 f. FN8 Lässt sich die Verhandlung nicht in einem Zug zu Ende führen, ordnet der Vorsitzende eine neue Verhandlung an oder setzt den Parteien Frist zur Einreichung schriftlicher Eingaben an.
Beweisverfahren
A. Anordnung
§ 13 g. FN8 Ist das Verfahren nicht spruchreif, ordnet die Psychiatrische Gerichtskommission ein Beweisverfahren an, dessen Durchführung sie einer Abordnung übertragen kann.
B. Zeugen
§ 14. Der Psychiatrischen Gerichtskommission steht das Recht zur förmlichen Zeugeneinvernahme im Sinn der §§ 157 ff. der Zivilprozessordnung FN5 zu.
C. Sachverständige
§ 15. Die Psychiatrische Gerichtskommission kann Sachverständige zuziehen.
Dem Sachverständigen wird seine Aufgabe schriftlich oder in mündlicher Verhandlung erläutert.
Den am Verfahren Beteiligten kann Gelegenheit gegeben werden, sich zur Fragestellung an den Sachverständigen zu äussern und Änderungs- oder Ergänzungsfragen zu stellen.
Dem Sachverständigen werden die zur Erfüllung seines Auftrages notwendigen Akten zur Verfügung gestellt.
Der Sachverständige hat nach bestem Wissen und Gewissen zu amten und ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Auf diese Pflichten wird er bei der Ernennung aufmerksam gemacht, unter Hinweis auf die strafrechtlichen Folgen eines wissentlich unrichtigen Gutachtens und der Verletzung des Amts- sowie Berufsgeheimnisses.
Entscheidung
A. Allgemein
§ 16. Die Entscheide der Psychiatrischen Gerichtskommission können bei Einstimmigkeit gestützt auf den schriftlichen Antrag und die Begründung des Referenten auf dem Zirkulationsweg getroffen werden.
Auf Verlangen eines Mitgliedes der Psychiatrischen Gerichtskommission oder wenn ein Gegenantrag zu demjenigen des Referenten gestellt wird, ist vom Vorsitzenden eine Sitzung einzuberufen.
B. Sitzung
§ 17. In der Sitzung ergehen die Entscheide der Psychiatrischen Gerichtskommission nach mündlicher Beratung. Es steht der Psychiatrischen Gerichtskommission frei, vorerst weitere Erhebungen zu veranlassen.
Die Mitglieder der Psychiatrischen Gerichtskommission sind verpflichtet, bei allen Abstimmungen ihre Stimme abzugeben. Massgebend für den Entscheid ist die Mehrheit der Stimmen.
Ausschluss der Öffentlichkeit
§ 18. Die Verhandlungen vor der Psychiatrischen Gerichtskommission sind nicht öffentlich.
Die Beratungen der Psychiatrischen Gerichtskommission finden unter Ausschluss der Parteien und der Öffentlichkeit statt.
Form der Entscheide
§ 19. Die Form der Entscheide richtet sich nach den Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes FN3.
Sekretär
§ 20. Der Sekretär besorgt im Auftrag des Vorsitzenden die erforderlichen Verfügungen, Beschlüsse, Anordnungen sowie Protokolle und überwacht die Kanzleiarbeiten.
Er hat an den Verhandlungen beratende Stimme.
C. Verfahrenskosten
Verfahrenskosten
§ 21. Für das Verfahren vor der Psychiatrischen Gerichtskommission werden in der Regel keine Kosten erhoben.
Bei mutwilliger Einleitung oder Führung eines Verfahrens können indessen in Anwendung des Gerichtsverfassungsgesetzes FN3 Kosten auferlegt werden.
D. Inkraftsetzung
Inkraftsetzung
§ 22. Diese Verordnung tritt nach der Veröffentlichung im Amtsblatt rückwirkend auf den 1. Januar 1981 in Kraft.
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FN1 OS 48, 8 und GS II, 279.
FN2 161.
FN3 211.1.
FN4 230.
FN5 271.
FN6 SR 210.
FN7 Aufgehoben durch RRB vom 27. Juni 1990 (OS 51, 188).
FN8 Eingefügt durch RRB vom 27. Juni 1990 (OS 51, 188).
FN9 Fassung gemäss RRB vom 27. Juni 1990 (OS 51, 188).